Polarlichter fotografieren
Enleitung
Die Polarlicht-Fotografie stellt die Ausrüstung und die Vorgehensweise vor besondere Voraussetzungen. Polarlichter sind vor allem während der dunkleren Jahreszeiten in der langen Nacht gut sichtbar. Bei uns (Europa) nennt man sie Aurora Borealis, auf der Südhalbkugel Aurora Australis. Ich habe Polarlichter bisher nur im Norden gesehen. Da sie vermehrt um den Polarkreis und noch nördlicher auftreten hat man zwangsläufig mit tiefen Temperaturen zu kämpfen. Meine Sichtungen begrenzen sich auf die Monate September und Januar bis März. Meine ersten Lichter sah ich September 1995 in Island. Zu dieser Jahreszeit halten sich die Temperaturen noch in milden Gefilden, in der Nacht fallen Sie aber oft unter den Gefrierpunkt, jedenfalls am Polarkreis. Meine Beobachtungen neueren Datums machte ich allesamt von Januar bis März im Finnischen Winter in Lappland. Hier wird es noch kälter, typischerweise um -10 bis -30°C. Hat man vor längere Zeit draussen zu fotografieren sollte man sich also entsprechend vorbereiten.
Polarlichter entdecken
Die Lichter sind aber gar nicht so einfach zu entdecken. Ich gehen deswegen im Stundentakt (besser jede halbe Stunde) nach draussen und beobachte den Himmel. Sitzt man im Inneren kann man die Lichte praktisch nicht entdecken, da sich das Auge an die grelle Innenbeleuchtung adaptiert und sich bei einem flüchtigen Blick aus dem Fenster nicht so schnell an die Dunkelheit anpassen kann. Ausserdem stören Reflexionen in den Festern und man hat ja auch nur den Blick in eine Richtung frei. Es ist nicht immer einfach sich zu überwinden aus der Hütte zu gehen, wenn drinnen das Feuer brennt und draussen eisige Kälte herrscht. In der Dunkelheit muss man sich ein paar Minuten Zeit lassen bis sich das Auge an die Dunkelheit gewohnt hat (die Jacke also nicht vergessen!), dementsprechend die Empfindlichkeit zunimmt und die Lichter heller erscheinen. Mit der Zeit bekommt man dann auch ein wenig Gespür, was eine Wolke und was ein potentielles Polarlichts sein könnte. Da das Auge in der Dunkelheit ja nur Schwarz/Weiss sieht ist dieser Unterschied nicht immer einfach feststellbar; nur helle Lichter erscheinen farbig (erst wenn man sie farbig sieht ergeben sich meist auch erst lohnenen Foto-Objekte). Ich habe schon erlebt dass ich Polarlichter beobachte, meine Begleiter aber nur Wolken sahen. Erst nachdem ich Ihnen eine länger belichtete Aufnahme auf dem Kameradisplay zeigte staunten sie: Grüne Wolken! Die Digitalkamera hilft hier also sofort. Sind die Polarlichter aber kräftig bleibt kein Zweifel. Das Auge hat eine enorme Fähigkeit sich an die Dunkelheit anzupassen. Diese Dunkeladaption ist aber sofort wieder zunichte wenn man kurzfristig ins Helle geht. Ich kann darum auch nicht empfehlen eine allzu helle Taschenlampe mitzunehmen. Wenn überhaupt verwende ich immer eine Lampe mit rotem Filter bzw. eine LED Lampe mit roten LEDs. Bei rotem Licht bleibt die Dunkeladaption änkt beobachten. Deswegen wir rotes Licht auch bei astronomischen Beobachtungen eingesetzt.
Innerhalb von zwei Wochen sehen wir im Schnitt zweimal Polarlichter, manchmal mehrere Stunden lange, manchmal aber auch nur kurz. Das hängt einerseits mit der momentan niedrigen Sonnenaktivität zusammen, andererseits mit den nicht immer klaren Nächten. Das Sonnenaktivitätsminimum ist aber bald erreicht (2008). In nahre Zukunft sollte die Anzahl Nächte mit Polarlichtern also wieder steigen. Der Sonnenfleckenzyklus, der mit der Sonnenaktivität zusammenhängt, hat eine Periode von 11 Jahre (bzw. 22 Jahre). Alle 11 Jahre stellt man ein Minimum fest. Das nächste ist wie gesagt 2008. Je grösser die Sonnenaktivität, desto mehr Sonnenflecken sind auf der Sonne sichtbar und desto mehr Polarlichter kann man beobachten.
Polarlichter treten in vielen unterschiedlichen Strukturen auf, typisch sind z.B. vertikale Vorhänge, die sich rasch bewegen. Polarlichter werden durch Elektronen und Ionen im Sonnenwind erzeugt. Diese werden in der hohen Erdatmosphäre absorbiert, wodurch Photonen emittiert werden. Je nachdem in welcher Höhe und damit abhängig von welchen Elementen (Stickstoff oder Sauerstoff) die Teile absorbiert werden entsteht rötliches (in höheren Schichten) oder meist grünliches (in tieferen Schichten) Licht. Mehr zur Entstehung der Polarlichter findet man im Einführungstext der Seite der Athmosphäre.
Es gibt einige Verfahren die eine Vorhersage von Polarlichtern ermöglichen. Z.B. kann man Messungen von Satteliten mit einem polaren Orbit (POES, Polar Orbit Earth Sattelite) auswerten und die Messungen grafisch auf der Nord- und Süd-Halbkugel darstellen. So stellt zum Beispiel das Space Weather Prediction Center (SWPC) seine Messdaten zur Verfügung. Es gibt noch eine Menge anderer Links, eine Zusammenstellung findet man hier. Ich habe aber die Erfahrung gemacht, dass man entweder keinen Internetanschluss vor Ort hat oder aber die ganze Recherche so aufwendig ist (man muss ja auch noch das lokale Wetter beachten), dass es immer noch am einfachsten ist, vor die Hütte zu gehen um nachzuschauen.
Objektive und Belichtung
Ich verwende meist starke Weitwinkelobjektive. Mit einem APS-C Sensor sind Brennweiten um 17mm oder kürzer geeignet, das entspricht einem Objektiv von 28mm bei Kleinbildfilm. Um einen noch grösseren Winkel abzudecken verwende ich oft ein Fish-Eye Objektiv. Diese Linse hat den Vorteil einer hohen Lichtstärke von 1:2.8 wogegen mein 17-40mm Zoom nur mit einer Lichtstärke von 1:4 aufwarten kann; das ist ein Gewinn einer vollen Blendenstufe. Man braucht für die gleiche Lichtmenge dementsprechend nur halb so lange zu belichten. Bei den sich schnell bewegenden Polarlichter ist das ein riesiger Vorteil. Belichtet wird zwischen 5 und 20 Sekunden bei 400 oder 800 ASA abhängig von der Lichtstärke des Objektivs und der stärke der Polarlichter. Beim Fish-Eye werden Sterne bei 20 Sekunden Belichtung gerade noch scharf wieder gegeben. De Berechnung der maximale Belichtung für eine noch scharfe Abbildung von Sterne kann man im Artikel no startrails nachlesen. Bei diesen Belichtungszeiten kann man die Polarlichter natürlich nicht scharf abbilden. Man bildet das Gesehene also nicht 1 zu 1 ab. Wie das spätere Bild aussehen wird ist also schwer abzuschätzen. Hier hilft nur zu experimentieren und Erfahrung mit der optimalen Belichtungszeit sammeln. Aber mit dem bei Digitalkameras sofort zur Verfügung stehenden Bild kann man die Situation schnell beurteilen.
Die Belichtung, die Entfernung und den Weissabgleich (das letztere ist bei RAW Bilder natürlich unwichtig) stelle ich manuell ein. Sämtliche Automatiken versagen bei diesen Belichtungsbedingungen. Man kann aber versuchen mit einem automatischen Weissabgleich zu arbeiten. Je nach Kamera kann dieser 'as shot' Weissabgleich einen guten Startpunkt für die spätere RAW-Bearbeitung am PC bilden.
Stativ
Die Kamera wird auf einem stabilen Stativ montiert. Hier sollte man auf keinen Fall sparen und sich ein gutes Stativ zulegen. Ich verwende das Gitzo G1340 aus der MK2 Familie ohne Mittelsäule (die ja bekanntlich nur die Stabilität verringert). Dieses Standardstativ ist startk verbreitet; ich kann es bestens empfehlen. Es wird auch in einer leichteren Variante mit Carbonfaser-Beinen hergestellt. Darauf verwende ich den sehr robusten Kugelkopf BH-55 von Really Right Stuff. Dessen griffige Bedienelemente kann man auch noch gut mit Handschuhen bedienen. Die Bedienbarkeit mit Handschuhen ist überhaupt bei allen Komponenten ausschlaggebend, will man ein paar Stunden bei -30° draussen bleiben. Die wichtigsten Einstellungen kann man schon in der warmen Hütte vornehmen damit man draussen gleich los legen kann. Für das Stativ empfehlen sich bei lockerer Schneedecke so genannte 'Snow Pads', Schneeschuhe für die Stativbeine (s. Abbildung unten). Dadurch sinkt das Stativ deutlich weniger in den Schnee ein und man kann es sogar im Tiefschnee aufstellen, ohne dass es absackt. Beim Absacken ist die Stabilität nicht mehr gewährleistet, da durch die Schräglage der Stativbeine das Stativ irgendwann auf der Innenseite der Beine aufliegt anstatt auf dessen Enden.
Ausserdem ist es hilfreich, die oberen Beinelemente einzupacken, damit man das Stativ erstens besser tragen kann und zweitens nicht immer das kalte Metall anfassen muss. Es gibt im Handel speziell dafür angefertigte Schaumstoffrohre, die man an die Beine klebt und zusätzlich mit einer Stoffhülle befestigt. Ich habe mir Schaumstoffrohre aus dem Baumarkt geholt. Diese Rohre werden für die Isolation von Wasserrohren u.ä. verwendet. Der Innendurchmesser der Rohre sollte dabei ziemlich genau dem Aussendurchmesser der oberen Beinelemente des Stativs entsprechen, dann braucht man die Rohre nicht einmal anzukleben. Wenn man Probleme hat die Rohre über die Beine zu ziehen kann man mit ein wenig Seife nachhelfen.
Fernausllöser
Anfangs verwendete ich einen elektrischen Kabelauslöser. In der Kälte wird das Kabel aber unflexibel und man hat Angst es werde brechen. Ausserdem ist einem das 'Gehängsel' mit der Zeit im Weg, wenn man das Stativ neu positioniert (wer nimmt den Fernauslöser bei jedem Stativtransport schon gerne ab; mit Handschuhen ist das nicht so einfach). Ich finde es angenehmer eine 2 Sekunden Verzögerung und eine Spiegelvorauslösung zu verwenden. Die letztere wäre bei 20 Sekunden Belichtungszeit sehr wahrscheinlich unnötig. Wenn man Sie aktivieren kann sollte man das trotzdem tun, Sicher ist Sicher und auf die 2 Sekunden kommt es kaum an. Die Arbeit ist für mich ohne Kabelauslöser viel angenehmer und ich kann schnell die Kamera auslösen und neu positionieren.
Um das Bildrauschen zu verringern kommt bei mir immer der automatischen Schwarzbildabzug (Dark Frame Reduction) zum Einsatz, der bei einigen Kameras aktiviert werden kann. Es ist zwar auch möglich den Schwarzbildabzug manuell mit einem dafür geeigneten Astro Programm (z.B. Iris) zu machen. Diesen extra Aufwand spare ich mir aber und habe die Ergebnisse so sofort vorliegen. Der automatische Abzug verdoppelt die Belichtungszeit aber und man verpasst eventuell das eine oder andere schöne Polarlichtbild. Man muss sich also der Konsequenzen bewusst sein. Die Zeit während das Schwarzbild erzeugt wird verwende ich um die Kamera evtl. neu auszurichten. Bei der Canon 5dMK2 sieht das ganze Szenario leicht anders aus, da diese Kamera es ermöglicht, bis zu 5 Aufnahmen zu machen und erst danach von den 5 Aufnahmen jeweils ein Darkframe abzuziehen. Die Kamera erstellt also nur ein Dark pro 5 Aufnahmen, speichert dieses zwischen und benutzt dieses eine Frame um es von allen 5 Aufnahmen abzuziehen. Alternativ kann man es auch noch der Kamera überlassen ob überhaupt ein Dark Frame nötig ist, was unter Umständen wiederum die Anzahl Aufnahmen ohne direkten Dark Frame Abzug erhöht. Ich habe mit der 5DMK2 sehr gute Erfahrungen gemacht und bei winterlichen Temperaturen kann man mit der automatischen Einstellung arbeiten wie wenn kein Dark Frame Abzug aktiviert wäre.
Die einzige Situation, in der nach meiner Meinung ein Kabelauslöser Sinn macht, ist in Kombination mit einem Timer. Ich verwende hier den TC-80N3. Sind die Polarlichter stationär so stellt man den Timer auf 40 Sekunden bei Belichtungen von 20 Sekunden mit Schwarzbildabzug. So wird immer wieder ein neues Bild aufgenommen ohne dass man dauernd die eiskalte Kamera bedienen muss. Ausserdem lassen sich beim TC-80N3 auch Belichtungszeiten über 30 Sekunden direkt eingeben. Das ist bei meiner Kamera (Canon 20D und 5DMK2) nicht möglich. Dazu stellt man die Kamera auf Bulb, die Belichtungszeitsteuerung wird vom Timer übernommen. Leider ist der Sartknopf des TC-80N3 so klein, das man ihn mit Handschuhen fast nicht ertasten kann. Beim Timer Betrieb startet man nämlich die Aufnahmeserie nicht mit dem grossen Auslöser unten sondern mit dem mittleren der drei kleinen Knöpfe. Das Gerät wurde offensichtlich nicht für den Wintereinsatz konzipiert. Mit ist der Timer bei -25°C auch schon eingefroren, bzw. das LCD Display lies sich nicht mehr ablesen.
Was sonst noch zu beachten ist
Das Material kühlt sich mit der Zeit extrem ab. Auch wenn man sich in der Hütte aufwärmt um später weiter zu fotografieren sollte man die Ausrüstung wegen Kondenswasserbildung besser draussen lassen. Geht das aus irgendeinem Grund nicht packt man die Kamera samt Objektiven in einen dichten Sack. Ich habe immer einen wasserfesten Ortlieb Sack, wie er fürs Kajakfahren verwendet wird, dabei. Diese Behälter sind nicht nur Wasser sondern auch Luftdicht. Den Sack verwende ich auch tagsüber wenn ich z.B. irgendwo einkehre. Meine Fotoausrüstung samt Objektiven braucht ca. 1..2h um sich soweit zu erwärmen, dass man sie ohne Kondenswasserbildung wieder aus dem Behälter nehmen kann.
Gute Batterien und vor allem die Verwendung von CF Karten die den Betrieb bei Temperaturen bis -30°C erlauben sind Voraussetzung für die Polarlichtfotografie. Mein älterer Microdrive friert bei ca. -15°C ein, mit den Flash Karten hatte ich aber noch nie Probleme. Meine neueren Batterien sind ebenfalls viel weniger anfällig auf tiefe Temperaturen verglichen mit den älteren die ich vor ca. 3 Jahren (2004) gekauft habe. Es gibt Leute die Wärmebeutel u.ä. an der Kamera verwenden, um die Lebenszeit der Batterien zu verlängern. Seit ich aber meine neuen Akkus verwende hatte ich noch nie Probleme mit dem Leistungsabfall. Meistens habe ich eine Ersatzbatterie in der warmen Hosentasche. So lange wie beide Batterien halten habe ich es noch nie draussen ausgehalten
Ist man übrigens draussen länger unterwegs, Fotografiert aber nicht ständig, empfiehlt es sich, die Kamera zwischen den einzelnen Sessionen immer wieder in die Fototasche zu packen. In der Fototasche sind die Temperaturen immer höher als draussen. Mehr Details zu diesem Thema findet man im Artikel Fotografie in der Kälte. Auch wenn es -30° ist wird es in einer Fototasche, die man am Körper trägt, nie unter ca. -10°C. Ich verwende seit einiger Zeit den Lowepro Slingbag der sehr schnell zur Hand ist. Toll ist auch, dass man Ihn trotz Rucksackdesign nicht erst absetzten muss, um die Ausrüstung zu entnehmen.
Links zum Thema
Erfahrungen Polarlichter 2008
Erfahrungen zur Polarlichtfotografie im Februar 2008 im Finnischen Saariselka.
Wann braucht man ein Stativ und worauf muss man achten
Ein Ausführlicher Bericht über eines der wichtigsten Hilfsmittel der Fotografie: das Stativ
Externe Stromversorgung für digitale Spiegelreflexkameras
Will man bei grosser Kälte über längere Zeit draussen fotografieren, braucht man eine
externe Stromversorgung für seine Kamera. In diesem Artikel erfährt man, wie man sich leichte
eine Versorgung selber bauen kann, die man dann auch flexibel seinen Bedürfnissen anpasst.
Geotagging
Für alle, die ihre Bilder mit Geodaten vervollständigen wollen ist dieser Bericht geacht.
The Aurora Page
Auf dieser Seite findet man vor allem jede Menge Links Rund um das Thema Polarlichter (Auroras).