Wann braucht man ein Stativ und worauf muss man achten
Einleitung
Die Wichtigkeit eines Fotostativs wird ständig unterschätzt. Oft möchte man aufgrund erhöhter Beweglichkeit auf ein Stativ gänzlich verzichten. Wird die Kreativität beeinflusst ist es auch OK auf den Dreibeiner zu verzichten, und der Unterschied ob man mit oder ohne Stativ fotografiert ist ja steht situationsabhängig. Bei viel Licht kann man mit Normal oder Weitwinkelobjektiven auch ohne Stativ beste Ergebnisse erzielen. Nimmt aber das Licht ab und die Brennweite zu, wird es immer schwieriger gute Ergebnisse zu erreichen. In letzter Zeit aufgekommene Stabilisierungstechniken helfen zwar die Effekte der Verwacklung zu reduzieren, ganz vermieden werden können sie aber nicht. Einige Kameras haben eine Sensor, der das Zittern der Hand ausgleicht. Mit solchen Systemen ist man unabhängig vom Objektiv immer in der Lage von der Bildstabilisierungstechnik zu profitieren. Andere Hersteller bauen den Stabilisierungsmeachanismus in das Objektiv ein. Somit muss man ein Objektiv mit Stabilisirungssystem kaufen um das Kamera-Objektivsystem entsprechend aufzurüsten. Die Kamera selbst verfügt in diesem Fall über keinerlei Stabilisierungsmöglichkeiten.
Wann braucht man ein Stativ?
Als erstes wollen wir einmal der Frage auf den Grund gehen, bis zu welcher Belichtungszeit ein Objektiv noch gut aus der Hand verwendet werden kann. Es soll überprüft werden, ob die alte Faustformel, die besagt, dass man eine Zeit von eins geteilt durch die Brennweite gerade noch halten kann, wirklich in der Praxis anwendbar ist. Nach dieser Faustformel sollten wir ein 200mm Objektiv bei einer 250stel Sekunde noch gut aus der Hand verwenden können. Doch was bedeutet das genau: Ist das Ergebnis gleich wie mit einem Stativ fotografiert und wenn nicht, wie kurz muss die Zeit sein, damit wir annähernd ähnliche Ergebnisse erhalten. Bei heutigen Reduced Size (APS-C) Sensoren ist die Frage der Brennweite schon unklar. Da die Brennweite für den Full Frame Sensor angegeben wird rechnet man bei Objektiven an einem APC Sensoren mit einem Verlängerungsfaktor, z.B. 1.6 bei einem APS-C Sensor. Muss ich nun diesen Faktor mit einberechnen oder hat er keinen Einfluss? Ausserdem muss man sich zuerst Gedanken über die Schärfeleistung machen. In Filmzeiten galt ein Unschärferadius von 0.03mm als gerade noch scharf abgebildeter ‚Punkt'. Bei digitalen Spiegelreflexkameras ist es sinnvoller den mittleren Pixelabstand als Berechnungsrundlage zu nehmen. Bei einem 8MPixel Sensor (heute ist das schon fast wenig, spielt aber für die Betrachtung keine Rolle, andere Sensorauflösungen sind in der Tabelle unten aufgeführt) sind also 8 Millionen Pixel auf die Fläche eines APS-C Sensors verteilt. Ein typischer APS-C Sensor hat eine Fläche von 22.5mm x 15mm. Bei einer 8MP Kamera sind das dann 3500 x 2330 Pixel. Der horizontale und vertikale Pixelabstad ist damit 6.5um und 9um in der Diagonalen. Packt man 12MPixel auf die gleiche Fläche wird der Abstand dementsprechend kleiner (ca. 20% kleiner, s. Tabelle unten). Vergleicht man diesen Wert mit dem aus Filmzeiten stammenden Unschärfekreis mit einem Radius von 0.03mm, als 30um, ist das ein Faktor 3 unterschied zum Diagonalpixelabstand einer 8MP APS-C Sensor Kamera. Das beeinflusst die Ansprüche an eine scharfe Abbildung ganz erheblich. Dieses Kriterium ist unter anderen übrigens auch die Ursache dafür, dass ‚digitale' Wechselobjektive auf dem Markt erschienen. Ein ‚digitales' Objektiv sollte somit eine höhere Linienauflösung aufweisen verglichen mit einem Objektiv das für eine Filmkamera gerechnet wurde. Im Weiteren ist hier zu beachten, dass eine Filmkorn nur immer zwei Zustände annehmen kann, ein Pixel aber heute mit bis zu 14 bit (also über 16'000 Zuständen) ausgelesen wird. Aber das sei nur am Rande erwähnt.
Verwacklungstest
Um die Frage der maximalen Zeit, die man noch aus der Hand halten kann, zu klären habe ich ein 105mm Objektiv an eine APS-C Sensor Kamera montiert und daraufhin eine Serie mit verschiedenen Belichtungszeiten aufgenommen. Die erste Aufnahme wurde jeweils mit einer 1000stel Sekunde aufgenommen, bei allen folgenden Aufnahmen wurde die Zeit verdoppelt und die Blende entsprechend geschlossen. Nun kann man argumentieren, dass mit kleinerer Blende die Schärfeleitung zunimmt. Dies ist sicherlich korrekt, doch hat sie beim verwendeten Objektiv einen kleinen Einfluss da dieses schon bei voller Öffnung sehr gute Schärfeleitungen erzielt. Ausserdem sollten ja dann die Aufnahmen mit längeren Zeiten schärferer Ergebnisse erzeugen, was wegen der Verwacklungsgefahr unwahrscheinlich ist.
Ich habe verschiedene Tests mit verschiedenen Objektiven durchgeführt. Gerade die Ermittlung der maximalen Zeit, die man aus der Hand gerade noch halten kann, ist natürlich nicht trivial, da es sehr darauf ankommt, wie stark man gerade zittert bzw. welche Haltung eine optimale Ruhelage des Objektivs erlaubt. Insgesamt bin ich aber zum Schluss gekommen, dass die Formel mit dem Kehrwert in etwa hinkommt. I.e. ein Objektiv mit einer Brennweite von xmm kann man gerade noch bis zu einer Zeit 1/x sec aus der Hand verwenden, ohne grosse Einbussen bzgl. der Schärfe zu machen. Allerdings empfiehlt es sich auf jeden Fall bei längeren Zeiten die Schärfe nach der Aufnahme im Display zu überprüfen. Hat man einen IS, so kann dieser eine Verlängerung der maximalen Zeit bis zu einem Faktor 4 bringen (i.e. zwei Blendenstufen). Das ist aber wiederum nicht immer möglich. Im Test unten wurde eine Verlängerung um das doppelte, also um eine Blende ermittelt. Dazu muss gesagt werden, dass man in beiden Fällen eine Verkürzung der Belichtungszeit um die Hälfte immer noch einen Schärfezuwachs bringt. Um wirklich optimal scharfe Ergebnisse aus der Hand zu erhalten sollte man daher nochmals um eine Blende kürzer belichten.
Die Spiegelvorauslösung beim Einsatz vom Stativ habe ich ebenfalls ermittelt. Dabei wurde der Siegel jeweils 2 Sekunden vor der Aufnahme von der Kamera automatisch nach oben geklappt. Ausgelöst habe ich wie bei den anderen Stativaufnahmen mit einem Kabelauslöser. Der Effekt der Spiegelvorauslösung ist bei Objektiven kleinere Brennweite geringer als bei Teleobjektiven ab ca. 400mmm. Beim hier verwendeten Canon 24-105/4.0mm Zoom bei 105mm ist der Effekt praktisch vernachlässigbar. Ich habe die verschiedenen Aufnahmen verglichen und einen minimalen Unterschied festgestellt. Bei grösseren Brennweiten wird der Effekt aber sicherlich höher sein.
Die folgenden Aufnahmen wurden alle mit einem Canon 24-105mm/f4.0 IS USM bei 105mm Brennweite aufgenommen. Die Aufnahmefolge ist immer dieselbe, die Aufnahmen haben folgende technischen Daten:
- 1/1000sec, f4.0, ISO800
- 1/500sec, f5.6, ISO800
- 1/250sec, f8.0, ISO800
- 1/125sec, f11.0, ISO800
- 1/60sec, f16.0, ISO800
- 1/30sec, f22.0, ISO800
- 1/15sec, f16.0, ISO200
- 1/8sec, f22.0, ISO200
Ich musste zwischen zwei ISO Werten hin und herschalten, um die grosse Spanne der Zeiten aufzunehmen. Es wurden 4 Testreihen durchgeführt:
- Kamera auf Stativ, IS eingeschaltet
- Kamera auf Stativ, IS eingeschaltet, Spiegelvorauslösung
- Kamera in der Hand, IS eingeschaltet
- Kamera in der Hand, IS ausgeschaltet
Aus den Aufnahmen wird hier ein kleiner Ausschnitt 1:1 dargestellt, i.e. ein Bildpixel entspricht einem Pixel des Sensors. Der Unterschied zwischen den beiden ersten Reihen sehr klein. Die Fotos aus der Hand mit IS sind ca. bis zu einer 1/60sec noch einigermassen scharf, ohne IS bis ca. zu einem 1/125sec. Wirklich scharfe Ergebnisse erhält man mit 1/250sec. Aus der Hand und 1/125sec aus der Hand mit IS. Für gute Ergebnisse lautet deshalb die Faustregel:
Die maximal aus der
Hand zu haltende Belichtungszeit mit optimaler Schärfeleistung ist
1/(2xBrennweite).
Die absolute Belichtung variieret übrigens leicht, da die Bilder bei Kunstlicht geschossen wurde. Bei
kurzen Belichtungszeiten kann es deshalb zu Belichtungsvariationen kommen, da das Licht
mit 50Hz flackert. Auf die Schärfe hat das natürlich keinen Einfluss.
Stativ
Wie aus dem obigen Test hervorgeht, ist die maximale Belichtungszeit, die man noch gut aus der Hand fotografieren kann, nicht zu unterschätzen. Gerade mit Objektiven höherer Brennweite muss man schnell ein Stativ zur Hand nehmen, will man scharfe Aufnahmen erhalten. Natürlich ist dabei in Betracht zu ziehen, was mit dem Foto später geschehen soll. Vergrössert man das Bild nur leicht, kann eine höhere Unschärfe in Kauf genommen werden als wenn man das Bildformat voll ausreizt. Selten stehen jedoch die genauen Verwendungszwecke schon bei der Aufnahme fest und es zahlt sich aus, schon bei der Aufnahme auf beste Qualität zu achten.
Material
Das Stativ ist eines der am wenigsten beachteten Gegenstände in der Fotografie. Jedenfalls habe ich diesen Eindruck wenn ich sehe mit welchen Stativen Fotografen häufig angetroffen werden. Ein stabiles Stativ kann nicht leicht sein. Schon der Wind setzt hier enge Grenzen. Es gibt natürlich auch hier Ausnahmen, aber meist ist für ein Leichtgewichtstativ mit gleicher Stabilität eines Normalgewichtes ein Mehrfaches zu Bezahlen. So kommen zum Beispiel Materialien wie Karbonfaser oder Basaltfaser zum Einsatz, die eine Bauart mit reduziertem Gewicht erlauben. Der Preis ist aber bei diesen Typen deutlich höher als bei Dreibeinern aus Aluminium. Will man also ein gutes Stativ relativ günstig erwerben, kann man getrost auf Aluminium setzten. Muss man es vermehrt längere Zeit durch die Gegend schleppen, z.B. auf Wanderungen, entscheidet man sich besser für Karbon- oder Basaltfaser. Das stabilste Stativ bringt einem nichts wenn es immer zu Hause liegen bleibt weil es unhandlich und schwer mitzunehmen ist. Der Komfort ist also auch ein entscheidendes Kriterium.
Höhe
Ich halte nicht viel von Stativen, die sich auf eine Höhe von 120cm u.ä. ausziehen lassen. Wenn man nur gebückt durch die Kamera blicken kann, ist eine gute Bildbeurteilung sehr schwierig. Bei längerem Einsatz tut einem der Rücken weh und man verliert die Lust am Gebrauch des Alugerüstet. Bei einer Augenhöhe von z.B. 170cm sollte die Kamera bei Vollauszug auf eben dieser Höhe montiert werden. Ein grosser Kugelkopf misst in der Höhe ca. 10cm, der Kamerasucher ist ebenfalls in etwa 10cm vom Kameraboden entfernt so dass das Stativ eine Höhe von 150cm aufweisen muss, um einen geraden Einblick zu erlauben. Möchte man des Öfteren Himmelaufnahmen (oder andere Aufnahmen bei denen die Kamera noch oben gerichtet ist) machen, sollte man nochmals 5cm einrechnen. Bei einer Augenhöhe von 170cm ist somit ein Stativ von 155cm optimal.
Das Gitzo 1340 ist eine gute Wahl eines Alustativs mit drei Beinsektionen ohne Mittelsäule, Höhe 153cm.
Mittelsäule
Die erwähnte Höhe sollte ohne eine Mittelsäule erreichbar sein. Geht es um die Stabilität macht es überhaupt keinen Sinn ein Dreibein mit einem Bein zu verlängern. Die Mittelsäule ist nur ein Notnagel den man besten gleich weglässt, so kommt man nicht in die Versuchung ihn zu benützen. Am besten man wählt also ein Stativ mit Plattform. Das Fehlen einer Mittelsäule hat des Weitern den Vorteil, dass diese bei Makroaufnahmen nicht in den weg kommt und auf dem Boden aufsetzt. In Katalogen von Stativherstellern sieht man immer wieder Fotos, wie eine umgedrehte Mittelsäule tolle Makroaufnahmen erlauben soll. Ich habe das einmal probiert. Es gibt kaum etwas Umständlicheres zu bedienen als ein Kamera, die auf dem Kopf steht. Sehr wahrscheinlich hat auch kein Hersteller diese Technik über längere Zeit praktiziert. Ausserdem macht es kaum Sinn ein Stativ auf 150cm auszuziehen, wenn die Kamera 50cm über dem Boden schweben sollte. Es ist doch viel leichter die Beine einzufahren und dann die Kamera ganz normal zu montieren. Hierzu müssen aber zwei Bedingungen erfüllt werden. Ersten es fehlt die Mittelsäule (das haben wir ja schon erledigt) und zweitens muss man die Beine nach aussen abspreizen können.
Stativbeine und Füsse
Bei unebenem Boden oder für den Einsatz als Makrostativ ist es sehr bequem, wenn man die einzelnen Beine in verschiedenen Winkeln anstellen kann. Steht man z.B. am Hang, kann das Bein, dass gegen den Hang zeigt verkürzt und abgespreizt werden. Dadurch hat man wieder einen optimalen Halt. Bei Makroaufnahmen kann man durch flache Winkel noch näher an den Boden kommen.
Die Beine sollten auch nicht zu viele Sektionen aufweisen. Zwei Sektionen wären optimal. Leider wird dann das Stativ bei einer Höhe von 155cm im zusammengelegten Zustand sehr lang. Deshalb haben Stative dieser Höhe meistens drei Sektionen. Sehr gut lassen sich die Sektionen arretieren, wenn Flügelmuttern ein sattes Anziehen erlauben. Bei meinem Stativ sind die oberen Ringe so ausgelegt. Die unteren, dünneren Sektionen lassen sich durch die üblichen gummierten Ringe feststellen. Ich habe beim Hersteller nachgefragt ob man diese wechseln kann doch leider sind keine original Flügelmuttern für die unteren Sektionen erhältlich.
Bei Kälte ist Metall unangenehm anzufassen. Daher ist es sinnvoll die Stativbeine mit einem Schaumstoffpolster zu versehen. Das kann man nur an der oberen Sektion machen, da s ich das Stativ ja sonst nicht mehr zusammenlegen lässt. Aber die obere Sektion ist es auch, an der man das Stativ dauernd anfasst und auf der man es schultert. Ich habe mir dazu (wie im Artikel über die Polarlichtfotografie beschrieben) im Baumakt Isolationsrohre aus Schaumstoff wie es für Wasserleitungen verwendet wird, geholt. Diese lassen sich relativ einfach über die oberen Sektionen ziehen, wenn man vorher die Feststellmuttern entfernt. Sollte man die Rohre nicht überziehen können weil der Reibungswiderstand zu hoch ist, hilft ein bisschen Seife. Ich habe keinerlei Klebstoffe verwendet und die Schaumstoffpolster halten bombenfest. Es gibt auch speziell für Stative gedachte Polster die der Länge nach geschlitzt sind und sich aufkleben lassen. Ich habe solche Polster getestet und finde die Isolationsrohre um einiges besser, da man sie nicht kleben muss und sie dennoch besser sitzen. Ausserdem verrutschte der Überzug der bei den anderen Polstern dabei war und wurde bei Regen unangenehm nass. Die Isolationsrohre aus dem Baumarkt sind ausserdem um ein vielfaches günstiger.
Die Füsse lassen sich bei den besseren Modellen auswechseln. Standardmässig sind Gummifüsse montiert die sich bei Bedarf gegen Spikes, grosse Pads, Snowpads, Rollen uvm. tauschen lassen.
Snowpads gibt es auch in einer Version, bei der sie über die Gummifüsse montiert werden. Die Snowpads haben eine Vertiefung in die man das Stativbein stellt. Danach wird es mit einem Gummizug befestigt. Diese Montage ist erstaunlich stabil, ich habe noch nie eine Pad verloren. Snowpads sind beim Einsatz im Schnee sehr praktisch. Sackt das Stativ bei lockerem Schnee ein, so spreizen sich die Beine langsam. Das kommt daher, dass die Löcher bei ausgesteckten Beinen weit auseinander liegen. Stösst man jetzt das Stativ weiter in den Schnee, bewegt sich die Stelle an der das Stativbein die Schneeoberkante berührt nach oben. Dadurch verringert sich aber auch der Abstand zum nächsten Bein. Das ganze führt dazu, dass das Stativ sehr schnell auf der Innenseite der Beine zu liegen kommt ohne jemals den festen Untergrund zu berühren. Von einer festen, stabilen Aufstellung kann jetzt keine Rede mehr sein. Snowbads verhindern dies, indem sie wie Schneeschuhe ein grösseres Absacken verunmöglichen. Ausserdem weisen die Eindrücke im Schnee einen grossen Durchmesser auf. Wenn das Stativ trotz Scowpads ein wenig einsackt kommt es durch den grösseren Durchmesser viel weniger schnell zum oben erwähnten Effekt. Der Einsatz von Snowpads wird auch im Artikel Polarlichter fotografieren besprochen.
Zubehör: Nivelliereinheit
Sehr praktisch hat sich im Feldeinsatz eine Nivelliereinhet erwiesen. Diese wird anstelle einer Mittelsäule montiert und erlaubt das nivellieren des Stativkopfes um bis zu 15°. Mit der eingebauten Wasserwaage kann man so schnelle eine optimale Ausrichtung erreichen. Gerade bei Panoramaaufnahmen ist eine horizontale Basis unerlässlich. Mehr zu diesem Thema finden Sie im Artikel Panoramafotografie. Aber auch beim Fotografieren in unebenem Gelände ist es sehr angenehm, wenn man eine horizontale Basis schnell und bequem einstellen kann, ohne dass man die Beine neu ausrichten bzw. verlängern / verkürzen muss.
Eine Nivelliereinheit besteht aus einer Halbkugel, die in einer gleich geformten Schale liegt. Am unteren Teil ragt ein Griff heraus, mit dem man die Schale bewegen und auch arretieren kann. Auf der oberen Halbschale befindet sich die Plattform, auf die man den Stativkopf montiert. Meine Nivelliereinheit hat ein praktisches Montageverfahren, mit dem man den Kopf schnell und bequem und vor allem extrem fest montieren kann. Auf der Plattform befindet sich ebenfalls eine Wasserwaage zur Ausrichtung. Man kann die Nivellierung also gut mit einer Hand durchführen, während man mit der anderen die Kamera hält.
Stativkopf
Verschieden Arten von Stativköpfen sind erhältlich, wobei für die Fotografie vor allem drei Typen zum Einsatz kommen:
- Kugelkopf
- 3 Wege Neigekopf
- Gimbal Head
Ich fange mit dem letzteren an. Der Gimbal Head wird vor allem für grosse Teleobjektive in der Tierfotografie eingesetzt. Die Kamera bzw. das Objektiv wird beim Gimbal Head in eine U-förmige Schiene montiert wobei der Schwerpunkt des Kamera-Objektiv Systems unterhalb des Aufhängepunktes zu liegen kommt. Dadurch ist eine hohe Stabilität gegeben. Wir das Kamera-Objektiv System optimal montiert, i.e. so dass es in waagerechter Lage ausbalanciert ist, kann man ohne grosse Mühe auch schwere Objektive einsetzten. Der Gimbal Head erlaubt eine Rotation in der Waagerechten und ein Neigen, aber kein Drehen der Kamera. Das ist auch nicht nötig da das Kamera-Objektiv an der Objektivschelle und nicht an der Kamera selbst aufgehängt ist. Will man ins Hochformat schwenken, dreht man einfach das ganze System in der Objektivschelle. Der Gimbal Head ist also ein sehr spezieller Stativkopf mit eingeschränktem Einsatzgebiet und ist nicht als universelle Befestigung zu verstehen.
Der 3 Wege Neigekopf ist der klassische Stativkopf der heute vor allem noch in der Videotechnik zu finden ist. Aber auch bei einigen Fotografen ist er immer noch sehr beliebt, da er sich sehr exakt justieren lässt und vor allem auch schwerere Kamerasysteme wie z.B. Mittel und Grossformatkameras tragen kann. Bei 3 Wege Neigekopf lässt sich jede Achse getrennt justieren, was einerseits von grossem Vorteil ist will man eine exakte Ausrichtung vornehmen. Andererseits wird damit die ganze Ausrichtung sehr zeitintensiv.
Der Kugelkopf ist ein guter Kompromiss, will man einerseits des Öfteren ein Stativ einsetzten aber dennoch nicht längere Einstellprozeduren über sich ergehen lassen. Mit dem Kugelkopf kann man die Kamera praktisch frei Bewegen und dann in der gewünschten Position fixieren. Einfache Kugelköpfe haben nur einen Feststellknopf mit dem man alle drei Achsen fixiert, aufwendigere Köpfe haben zusätzlich noch eine vertikale Drehachse die sich getrennt fixieren lässt. Eine solche ist für die Panoramafotografie unerlässlich.
Konstruktiv bestimmt ist die Lage des Kamera-Objektiv Schwerpunktes oberhalb des Rotationspunktes des Kugelkopfes. Die Lage ist also rein mechanisch labil, im Gegensatz zum Gimbal Head, bei dem die Lage durch den tief gelegten Schwerpunkt stabil ist. Das heisst ganz einfach, dass die Kamera zur Seite gleitet wenn die Feststellschraube geöffnet ist. Damit ist aber auch klar, dass gerade bei schweren Systemen die ganze Kraft von der Kugelarretierung getragen bzw. gehalten werden muss. Ist der Kugelkopf unterdimensioniert, so gibt das System nach dem Fixieren der Einheit etwas nach und der Bildausschnitt verschiebt sich nach dem Einstellen. Es gibt verschiedene Mittel wie man das System stabiler konstruieren kann. Erstens sollte die Kameraaufhängung nahe beim Mittelpunkt der Kugel sein. Dadurch werden der Hebelarm und die auf die Arretiereinrichtung wirkenden Kräfte verringert. Zweitens kann auf eine Kugel mit grösserem Durchmesser eine grossflächigere Arretierung wirken die damit auch eine höhere Haltekraft aufbringen kann. Drittens sind die Kräfte klein, wenn sie die Kamera möglichst exakt oberhalb der Kugel befindet. Gerade bei Hochformataufnahmen muss bei manchen Montagearten die Kamera horizontal neben den Kugelkopf geschwenkt werden. Hier ist die Belastung maximal.
Bei einem guten Kugelkopf lässt sich neben der Fixierung des Kopfes und der Vertikaldrehachse auch noch der Widerstand im gelösten Zustand einstellen. Dadurch lässt sich schweres Gerät besser hantieren. Den Widertand sollte man so einstellen damit einem die Kamera nicht auf die Seite wegrutscht, sobald man die Fixierung löst.
Kameramontage
Die Kameramontage hat also einen entscheidenden Einfluss auf die Stabilität des Kopfes. Eine an der Kamera befestigte L-Schiene erlaubt eine vertikale Montage ohne dass man den Kugelkopf dreht. Die Kamera hat dadurch zwei Montagepunkte. Eine an der Unterkante der Kamera wie es herkömmlich der Fall ist und eine zweite auf der Seite, die beim Hochformat horizontal unter der Kamera zu liegen kommt.
Ein Schnellkopplungssystem erlaubt das schnelle Montieren der Kamera auf dem Stativ. Jeder Hersteller hat sein eigenes System, einige Hersteller bringen es sogar zu Stande mehrere Systeme anzubieten. Dadurch entstehen natürlich jede Menge Inkompatibilitäten. Ein Schnellkopplungssystem besteht aus zwei Teilen. Der Koppelmechanismus wird auf dem Stativkopf befestigt, die Koppelplatte an der Kamera und an der Objektivschelle.
Am stabilsten ist eine fix auf den Kugelkopf montierte Koppeleinheit. Es gibt meines Wissens nur einen Standard der von verschiedenen Herstellern angeboten wird: Arca Swiss. Mehrere Stativkopfhersteller bieten Ihre Köpfe mit Arva Swiss Koppelmechanismus an. Ich habe meinen Kopf bei Really Right Stuff gekauft. Bei diesem Hersteller kann man zwischen verschiedenen Arca Swiss Koppelplatten auswählen. Ich habe mich für die Koppelplatte mit einem Schnell-Anzugshebel entschieden. Dies erlaubt gegenüber der Arca Swiss üblichen Feststellschraube ein schnelleres Lösen und Befestigen der Kamera.
Das Arca Swiss System hat verschiedene Vorteile gegenüber anderen Systemen:
- das System wird von mehreren Herstellern angeboten
- es sind Köpfe mit integriertem Koppelmechanismus erhältlich
- es gibt speziell angefertigte und optimierte Koppelplatten für eine riesige Auswahl von Kameras und Objektiven
- die Fertigungsqualität ist sehr hoch
- das Schienendesign erlaubt ein Verschieben in der Fassung (z.B. gut bei Makroaufnahmen oder um den optimalen Schwerpunkt zu finden oder bei der Panoramafotografie -> Lesen Sie hierzu meinen Artikel Panoramafotografie)
- Es sind auch Schienen für die Makro- und Panoramafotografie erhältlich die sich mit Standardkopplungen kombinieren lassen
- Es sind L Schienen für verschiedene Kameratypen erhältlich
Die Koppelplatte wird wie erwähnt entweder an die Kamera oder an der Stativschelle des Objektivs befestigt. Ich habe hier ebenfalls eine Platte von Really Right Stuff gewählt, weil diese sich durch eine exzellente Verarbeitung und optimale Anpassung an das Kameragehäuse auszeichnen. Durch die Anpassung an das Gehäuse kann die L Schiene mit nur einer Schraube absolut verdrehsicher angeschraubt werden und ist so schmal, dass Sie bei der Fotografie ohne Stativ nicht stört. Sie kann also immer montiert bleiben. Ausserdem werden durch die Platte keine Bedienelemente oder Anschlüsse an der Kamera verdeckt. Der relativ hohe Preis ist daher gerechtfertigt. Es gibt verschiedene Hersteller, die Universalplatten anbieten. Ich kann von solchen Platten nur abraten, da sie durch die schlechte Anpassung an das Gehäuse oft keinen optimalen Verdrehschutz bieten und ausserdem so unhandlich sind, dass man Sie immer wieder für die Fotografie ohne Stativ entfernt. Doch was für einen Sinn macht eine Schnellwechselplatte, wenn ich Sie immer erst an der Kamera befestigen muss wenn ich das Stativ einsetzten möchte.