Reisestativ
Enleitung
Trotz allen Fortschritten in der Sensortechnologie mit immer höheren Empfindlichkeiten ist ein gutes Stativ in der Fotografie immer noch unabdingbar. Besonders im Makro Bereich hat man durch den grossen Abbildungsmassstab und die für die Tiefenschärfe erforderliche kleine Blende oft mit langen Belichtungszeiten zu kämpfen. Auch bei Panoramafotografie insbesondere bei der Verwendung kleiner Brennweiten, i.e. von Weitwinkelobjektiven, muss man die Kamera optimal um den Parallaxe-freien Punkt rotieren um dem Parallaxenproblem Herr zu werden. Auch hier ist ein Stativ unersetzlich. Wenn man ein Panorama auch noch mit HDR Aufnahmen erweitern möchte oder lange Belichtungszeiten verwendet, muss man sowieso zum Stativ greifen. Die einzelnen HDR Aufnahmen lassen sich zudem bei der Verwendung eines Stativs nachher leichter und auch schneller am PC zusammenbauen, weil man kein nachträgliches Ausrichten per Software mehr ausführen muss.
Welche Kriterien ein Stativ erfüllen muss wurde im Artikel Stativ bereits beschrieben. All diese Kriterien lassen sich jedoch nur mit einem relativ schweren, dafür aber mit einem grossen und stabilen Stativ erreichen. Ich verwende das im Artikel beschrieben Gitzo Stativ immer noch als Primärstativ, suchte aber für Reisen mit Gepäcklimiten und für Wanderungen eine Alternative zu meinem 6kg Stabilitätswunder.
Die Kriterien
Ein Reisestativ sollte sich möglichst uneingeschränkt für verschieden Anwendungen einsetzten lassen, wobei sich natürlich hinsichtlich der Stabilität einige Kompromisse nicht vermeiden lassen werden. Man wird dafür mit einem kleineren Gewicht belohnt. Damit sich das Gewicht ganz klar von meinem Primärstativ unterscheidet, sollte das Reisestativ ca. 1kg wiegen. Folgende Kriterien sind zu erfüllen:
- max. 3-4 Beinsegmente für erhöhte Stabilität
- die Beine müssen sich in verschiedenen Stufen abwinkeln lassen, besonders wichtig für die Markrofotografie aber auch für einen stabilen Stand im Gelände
- falls vorhanden muss sich die Mittelsäule entfernen oder durch eine Mini-Mittelsäule ersetzten lassen um ein leichteres Arbeiten nahe am Boden bei der Makrofotografie zu erreichen; eine lange unten herausragende Mittelsäule ist hier immer im Weg
- Kugelköpfe von Fremdherstellern müssen montierbar sein
- Geringes Gewicht, ca.1kg
- Kompakte Abmessung im zusammengeklappten Zustand
- Kompakte Reisetasche
Das Stativ soll für folgende Einsätze konzipiert sein:
- Langzeitbelichtungen mit mittelschwerem Fotoapparat, i.e. DSLR mit leichtem Tele
- Makroaufnahmen auch in Bodennähe: dies erfordert verstellbare Stativbeinwinkel und den Einsatz einer kleinen oder keiner Mittelsäule
- Panoramaaufnahmen unter Einsatz eines Drehtellers mit Schiene zum Ausgleichen des Parallaxenfehlers, oft Nodalpunktadapter genannt
- Aufnahmen in Augenhöhe mit leichtem Fotoapparat, i.e. Sucherkamera, z.B. eine Leica M; dies erfordert, dass man das Stativ entsprechend gross aufbauen kann
- Zeitrafferaufnahmen entweder mit DSLR oder Kompaktkamera (Ricoh RX200): dies erfordert einen stabilen Stand, damit die Kamera samt Stativ bei einem Windhauch nicht gleich umfällt
Das geringe Gewicht fordert praktisch eine Bauweise aus einem alternativen Material zum traditionell verwendeten Aluminium. Heute wird hierfür generell Karbon verwendet.
Inzwischen gibt es neben den alteingesessenen Stativherstellern Manfrotto, Gitzo und Velbon eine ganze Anzahl von relativ jungen Herstellern, die speziell auf den Karbon-Markt drängen. Nach meinen sehr guten Erfahrungen mit meinem Gitzo Stativ habe ich mich bei meiner Suche zuerst auf die Marke Gitzo konzentriert. Zwar hat Gitzo auch einige Karbon Stative im Angebot, aber wenn man sich erst einmal durch die total verwirrende Namensgebung durchgearbeitet hat muss man noch einen Händler finden, der das gewünschte Stativ auch auf Lager hat. Ein Stativ muss man vor dem Kauf unbedingt ausprobieren, von einem Kauf aufgrund von Prospektangaben kann ich nur abraten. Ich fand zwar in meiner Umgebung ein paar Gitzo Händler, aber keiner dieser hatte das gewünschte Modell an Lager und war auch nicht gewillt das betreffende Stativ zur Ansicht zu bestellen. Ausserdem war keiner der Händler auch nur Annähernd über das Gitzo Stativsortiment informiert; Gitzo muss sich hier über das Vertriebskonzept ernsthaft Gedanken machen. Es stellte sich auch als unlösbar heraus, ein bestimmtes Stativ, welches von Gitzo nur in einem Paket mit Kugelkopf angeboten wird, ohne denselben zu bestellen. Die Händler schauten einfach auf ihre Liste und wenn das betreffende Modell nicht ohne Kopf auf der Liste steht, dann gibt es das auch nicht. Das ist nicht gerade die Flexibilität, die ich von einem Händler erwarte. Ich schaute mich deshalb bei anderen Händlern um, welche Stative noch in Frage kommen könnten. Glücklicherweise zeigte mir ein meiner Kursteilnehmerinnen ihr neu erstandenes Stativ der Marke Feisol, ein CT-3441 Stativ der Traveller Serie. Ich war sofort von dem Stativ beeindruckt, erfüllte es doch alle Kriterien meiner Wunschliste. Bei einem Besuch beim betreffenden Händler stiess ich auch auf einen kompetente Beratung und ein gut gefülltes Lager, welches eine ganze Reihe von Stativen der Marke und ein umfassendes Sortiment an Erweiterungen umfasste.
Feisol CT-3441
Feisol bietet neben diesem relativ kompakten Reisestativ auch grössere Karbonstative an, die aber für meine Bedürfnisse zu schwer sind. Das CT-3441 erfüllte aber ziemlich genau meine Wünsche nach einem leichten Reisestaiv, dass sich trotz des geringen Gewichtes auf eine angenehme Höhe zum Fotografieren aufbauen lässt. Standardmässig wird es im Set mit einem leichten Kugelkopf angeboten. Da ich aber auf das System von Really Right Stuff (RRS) und ihrem leichtesten Kugelkopf setzten wollte, bot mir der betreffende Händler auch ein Stativ ohne Kopf an. Ich wollte mich auf RRS beschränken, da ich sämtliche Kameras mir RRS Platten ausgestattet habe. Da leider nicht alle Arca Swiss Platten die genau gleichen Abmessungen besitzen, kann man unter Umständen nicht jede Arca Swiss Platte mit einem Arca Swiss Kopf kombinieren. So klemmt zum Beispiel eine Wechselplatte von Feisol in einem RRS Schnellwechsler überhaupt nicht und lässt sich also nicht verwenden. Ich wollte ausserdem eine flexible Lösung für die Panoramafotografie einsetzten, und hier überzeugte mich das Feisol Angebot nur bedingt. RRS bietet aber mit ihrem Panoramateller, der sich mit einer Arca Swiss Platte an der Unterseite ergänzen lässt, eine sehr robuste und flexible Lösung an. Aber zurück zum Feisol Stativ.
Mittelsäule
Das CT-3441 wird standardmässig mit einer zweiteiligen Mittelsäule ausgeliefert. So flexibel eine Mittelsäule auch ist, so wirkt sich deren Einsatz immer negativ auf die Stabilität aus. Besonders bei schwereren Kameras, bei langen Brennweiten oder gar beim Einsatz mit einem Spektiv kann man das sofort sehen. Ich bin deshalb kein grosser Fan von Mittelsäulen. Zumindest muss sie demontierbar sein. Die Mittelsäule hat nämlich einen weiteren grossen Nachteil. Wenn man bodennah arbeitet, z.B. in der Makro Fotografie, wird der tiefste Arbeitspunkt durch die unten herausstehende Mittelsäule begrenzt. Manfrotto hat diesbezüglich eine Mittelsäule kreiert, die man in die Wagerechte drehen kann. Damit wandert aber der Schwerpunkt zur Seite und die ganze Stativkonstruktion wird schnell labil. Aber immerhin lässt sich so ein bodennahes Arbeiten bewerkstelligen. Ich finde es besser, wenn man die Mittelsäule ganz wegnehmen bzw. sie durch eine kurze Mittelsäule minimaler Baulänge ersetzten kann. Genau das ist beim Feisol Stativ möglich. Der Umbau geht schnell von der Hand und man muss keine zusätzlichen Werkzeuge verwenden. Man ´dreht einfach die untere Abdeckhaube von der Säule ab, zieht die Säule gegen oben aus der Halterung und steckt die neue Mittelsäule ein. Man muss nur die Feststellmutter ganz lösen, sonst klemmt die Säule beim Einsetzten etwas bzw. lässt sich nicht gute einbauen. Den Kugelkopf schraubt man nun einfach von der alten Säule ab und befestigt ihn auf der neuen Säule. Die kurze Mittelsäule ist relativ günstig für ca. 20 Euro erhältlich, für mich ist die kurze Mittelsäule ein absolutes Muss. Nun kann man bei eingezogenen Stativbeinen alle Beinwinkel voll ausnutzen und beliebig nahe zum Boden arbeiten (die Höhe des Kugelkopfes ist natürlich immer noch vorhanden).
Die Mittelsäule wird oben und unten von einer Abdeckmutter abgeschlossen. Zentrisch in dieser ist eine Stativschraube vorhanden, an die man oben den Kugelkopf (oder einen anderen Stativkopf) befestigen kann. Zuerst zweifelte ich etwas an der Stabilität der Stativkopfmontage, da man von unten keinen Bolzen einschrauben kann, der ein versehentliches Abdrehen des Kopfes verhindert. Dreht man den Kugelkopf aber genügend fest an die Säule fest, so bewährt sich diese simple Befestigungsart. Ausserdem werden dadurch wie erwähnt keine Werkzeuge zur Kopfdemontage benötigt.
An der Unterseite der Säule ist wie gesagt ebenfalls eine Stativschraube vorhanden, an die man ein Haken montieren kann, der im Lieferumfang des Stativs inbegriffen ist. An diesem Haken kann man z.B. die Fototasche einhängen, um dem Stativ etwas mehr Stabilität zu geben. Es wird dadurch ausserdem verhindert, dass das Stativ beim Einsatz von schweren Fotogeräten zur Seite oder nach Vorne kippt. Das hat sich im praktischen Einsatz sehr bewährt. Hängt man den gut gefüllten DSLR Rucksack unten an, bekommt das Stativ eine enorme Standfestigkeit. Besonders beim Einsatz von grösseren DSLRs wird das Stativ schnell kopflastig und kann leicht umkippen. Mit der angehängten Fototasche wird das verhindert. Bei abgewinkelten Beinen muss man allerdings etwas vorsichtig sein, da nun ein ganz anderes Gewicht am Stativ hängt. Das maximale Belastungsgewicht wird von Feisol mit 10kg angegeben, diesbezüglich sollte allerdings eine normale DSLR Ausrüstung im Rucksach die Gewichtsgrenze nicht überschreiten.
Stativbeine
Die Stativ Beine des CT-3441 bestehen aus drei Teilen. Die einzelnen Segmente lassen sich mittels
Drehverschluss arretieren. Hier ist es sinnvoll die Option zu wählen, die ein verdrehen der Beine
verhindert (bei Feisol heisst diese Option Rapid
). Dadurch kann man alle drei Verschlüsse
eines Stativbeines mit einem Handgriff öffnen und das Bein in voller Länge ausfahren. Das
erleichtert den Aufbau wesentlich und das Stativ ist nun im Nu aufgestellt. Man muss mittels dieses Features
auch nicht die Beine in einer bestimmten Reihenfolge wieder zusammenschieben sondern kann beliebig erst das
obere oder erst das untere Segment arretieren, da sich die einzelnen Segmente nicht gegenseitig verdrehen lassen
und somit eine Arretierung mittels Drehverschluss immer möglich ist; ein tolle Sache.
Besonders gefallen hat mir an diesem Stativ, dass die untersten Beine nicht allzu dünn ausfallen. Bei vielen Reisestativen sind die untersten Beinsegmente so dünn, dass sie eher an Zahnstocher erinnern. Solche Beine kann man defakto bei schwerern Kameras überhaupt nicht verwende, da sie die Stabilität stark einschränken. Der Durchmesser der untersten Beinsegmente beträgt beim Feisol Stativ 18.9mm, also ¾inch.
Die Stativbeine lassen sich in drei Winkeln abspreizen, so dass man sehr flexibel das Stativ dem Gelände anpassen oder die Höhe leicht variieren kann. Die Beine lassen sich zum Transport auch um 180Grad nach oben schwenken, so dass man ein sehr kompaktes Packmass in zusammengefalteten Zustand erhält. Die Mittelsäule mit dem Stativkopf kommt dann zwischen den drei Stativbeinen zu liegen. Mit meinem RRS Kugelkopf ist das aber nur mit der langen Mittelsäule möglich, da der Kopf bei der kurzen Mittelsäule zu nahe am Zentrum liegt und sich die Beine dadurch nicht so eng zusammenlegen lassen damit sie noch in der mitgelieferte Transporttasche passen.
Die Friktion zum Ausklappen der Beine kann man über zwei Imbusschrauben verstellen. Man muss schon ein wenig herumprobieren um die optimale Einstellung zu finden. Die Beine sollten sich m.E. nicht von selbst zusammenklappen aber dennoch einfach verstellbar sein, wenn man z.B. bei Makroarbeiten dauernd die Beinwinkel verstellen muss und durch die eingefahrenen Beinsegmente einen kleiner Hebel anwenden kann.
Die Stativbeine sind am unteren Ende durch Gummistopfen abgeschlossen. Entfernt man diese kann man an den Enden Spikes einschrauben, die z.B. im Sand oder auf Eis einen besseren Halt garantieren. Die Spikes kann man relativ günstig dazu kaufen. Die Gummistopfen sind allerdings nur aufgesteckt und nicht absolut dicht. Verwendet man das Stativ im Wasser, dringt Wasser ein. Nach einem solchen Einsatz ist also trocknen angesagt. Sandkörner finden ebenfalls ihren Weg in die Gummistopfen. Nach meinen Einsätzen am Meeresstrand habe ich deshalb immer gründlich nachgespült.
Stativtasche
Ein optimal angepasst Stativtasche erleichtert den Transport ganz wesentlich. Die von Feisol im Lieferumfang inbegriffen Tasche ist nicht gerade von allerhöchster Qualität, sie erfüllt aber ihre Aufgabe voll und ganz. Ich habe das Stativ aber erst ein halbes Jahr im Einsatz und es muss sich erst weisen, wie lange die Tasche ihren Dienst tut. Sie ist relativ eng geschnitten, somit hat das Stativ einen optimalen Halt. Zusätzlich kann man die kleine Mittelsäule, die Spikes und allfällig Inbusschlüssel in einer kleinen, aufgenähten Tasche verstauen. Die Stativtasche ist mit einem angenehmen Tragegurt ausgestattet.
Kugelkopf
Beim Kugelkopf habe ich mich für den sehr kleinen BH-30 von RRS entschieden. Dieser Kopf besitzt noch eine separate Arretierung für die horizontale Drehachse. Der Kopf ist wie von RRS gewohnt in sehr guter Qualität gefertigt und hält auch schwerere Kameras ohne Probleme. Zusätzlich habe ich mir einen Panoramateller von RRS besorgt, der sich mittels Arca Swiss Platte auf dem BH-30 montieren lässt. Ergänzt man diesen mit einer kleinen Schiene zum Einstellen des Nodalpunktes, verfügt man über eine sehr kompakte Panoramaausrüstung, die man auch weglassen kann, wenn man aus Gewichtsgründen einmal möglichst leicht unterwegs sein möchte. Für das hier beschrieben Stativ wäre ein grössere Kopf nicht angebracht, ausserdem lässt sich das Stativ mit dem BH-30 wie oben erwähnt noch gut in der mitgelieferten Stativtasche verstauen. Damit ich eine möglichst kompakte Ausrüstung erhalte habe ich den BH-30 nicht mit einem Schnellwechseladapter sondern mit der einfachen Schraubadapterplatte B2-mAS ausgestattet. Durch die einfache Imbusschraubenmontage kann man aber die Schnellwechselplatte jederzeit selbst wechseln. Ich habe versuchsweise auch den Schnellwechseladapter meines grossen Kugelkopfes auf den BH-30 montiert, finde aber, dass diese zu schnell mit dem Arretierhebel in Konflikt kommt. Die Panoramaschiene lässt sich auch Prima in der Makrofotografie einsetzten, damit man für kleiner Distanzänderungen nicht jedes Mal das Stativ umsetzen muss. In der Praxis hat sich der Einsatz bewährt, auch wenn ein Friktionsgetriebe sich natürlich noch bessere für den Makroeinsatz eignen würde; aber wir wollen ja Gewicht sparen.
Fazit
Mit dem CT-3441 hat Feisol ein sehr gutes Reisestativ auf den Markt gebracht dass sich durch den Einsatz von weiterem Zubehör wie kurzer Mittelsäule, Panorama-Drehteller und Panoramaschiene sehr flexibel einsetzten lässt. Dank der Verdrehsicherung der Beinarretierungen ist es sehr schnell aufgebaut und dank der 180Grad Abklappbarkeit der Beine sehr kompakt verstaubar. Der Haken an der Unterseite verhilft durch anhängen des Fotorucksacks dem Stativ zu grösserer Stabilität. Für den Preis von ca. 320Euro erhält man sehr viel Stativ.