Halos und andere optische Effekte an Eiskristallen
Einleitung
Sonnenstrahlen werden in vielfältiger Form an in der Luft schwebenden Eiskristallen gebrochen und reflektiert. Da Eiskristalle wesentlich grösser als die Lichtwellenlänge (350-750nm) sind, fallen Streueffekte gering aus. Wir können uns also auf die Brechung und die Reflexion beschränken. Eiskristalle kommen zwar in sehr vielfältigen Formen in der Natur vor, für die optischen Effekte sind aber hauptsächlich sechseckige Säulen relevant. Da sich die Säulen immer so in der Luft ausrichten, dass sie beim Herabfallen den grösstmöglichen Luftwiderstand erzeugen, kommt es auf die Säulenlänge an, wie sich die Kristalle in der Luft orientieren. Ist die Säule länger als breit, liegt sie seitlich, ist sie weniger hoch, liegen sechseckige Plättchen horizontal in der Atmosphäre (s. Abbildung unten).
Die Eiskristalle kommen am häufigsten in hoch liegenden Wolken, sogenannten Cirrus Wolken, vor. Es sind die Wolken der dritten und damit obersten Etage. Bei mittleren Breiten liege diese Wolken in Höhen zwischen 8-10km, am Äquator höher (bis ca. 16km), am den Polen niedriger (bis ca. 8km). Cirrus Wolken treten in verschiedenen Formen auf, z.B. als Cirrus (Fadenwolken), Cirrokumulus (kleine Haufen) oder Cirrustratus (Schichtwolke). Vor allem die letzteren sind für optische Phänomene verantwortlich, da sie erstens sehr homogene Schichten bilden und sich zweitens auch über grosse Himmelgebiete ausdehnen. Da manche optische Phänomene in einem grossen Winkelbereich vorkommen können, ist es nötig, dass auch in diesem Winkelbereich die Eiskristalle vorhanden sind, da ja sonst der optische Effekt nicht zustande kommt. Das ist auch der Grund, weswegen sehr oft optische Phänomene nur teilweise am Himmelszelt sichtbar sind.
Die Eiskristalle entstehen bei sehr niedrigen Temperaturen. Wie man von Flugreisen kennt, sind in diesen Höhen Aussentemperaturen im Bereich von -40 bis -50°C ganz normal. Wegen z.T. fehlenden Kristallisationskeimen kommen bis zu sehr tiefen Temperaturen auch noch Wassertröpfchen vor (bis ca. -30°C), Cirriuswolken bestehen aber ausschliesslich aus Eiskristallen. Diese wachsen wenn genügend Wasserdampf in der Luft ist. Je langsamer der Wachstumsprozess abläuft, desto gleichmässiger fallen die Formen aus. Langsames Wachstum hängt also mit einer langsamen Zunahme der Sättigung von Wasserdampf in der Luft zusammen. Dies geschieht z.B. beim aufgleiten einer warmen Luftschicht auf ein kalte, z.B. bei einer Warmfront. Für diese Front typisch sind deswegen ausgedehnte Cirrustratus Wolken, die wiederum leicht anhand optischer Phänomene identifiziert werden können (tiefere Wolken bestehen aus Wassertröpfchen und zeigen deshalb andere optische Effekte). Cirrustratuswolken können übrigens so dünn sein, dass sie einem gar nicht als Wolke auffallen. Lediglich der Himmel ist nicht mehr so kräftig blau. Die Sonne scheint mehr oder minder gedämmt durch die Wolkenschicht hindurch, nur der weisse Ring (ein 22° Halo) verrät die Wolke. Das 22° Halo ist zugleich einer der häufigsten gesichteten Haloformen.
Refraktions- oder Brechungs-Halo
22° Halo
Beim Refraktions- oder Brechungs-Halo geht der Sonnenstrahl durch das Eiskristall hindurch. Er wird an der Eintrittsfläche das erste Mal gebrochen, also abgelenkt, da Eis eine höhere Dichte (n=1.310) als Luft hat. Der Strahl kann dann an der übernächsten Fläche wieder austreten und wird beim Austritt ein zweites Mal gebrochen. Die Ablenkung gegenüber einer Geraden durch das Eiskristall hindurch ist mindestens 22°. Das ist eine untere Grenze und ähnlich wie beim Regenbogen sind grössere Winkel möglich. Dazu kommt, das der Strahl ja nicht unbedingt in einer Ebene parallel zum sechseckigen Boden der Kristallsäule eintreffen muss, was wiederum den Winkel vergrössert. Beim 22° Halo ist also eine lange, sechseckige Kristallsäule am Werk, wie wir sie in der obigen Abbildung ganz rechts sehen. Die schwarze Linie rechts oben zeigt hier den Lichtstrahl, der ein 22° Halo erzeugen kann. Da der Brechungsindex wellenlängenabhängig ist, kommt es wie beim Regenbogen zu einer Farbauffächerung am inneren Rand des Halos. Allerdings ist diese Farbauffächerung nicht immer gut sichtbar. Innen sind die langen Wellenlängen, also Rot zu sehen, gegen aussen nehmen die Wellenlängen ab (Blau) danach wird das Halo weiss, da hier alle Farben gleichzeitig vorhanden sind und sich additiv zu weiss mischen. Das Halo ist also gegen aussen nicht sichtbar begrenzt, die innere Abgrenzung ist aber deutlich sichtbar. Das Halo kann aber nicht nur durch Sonnenstrahlen erzeugt werden, wie das Bild unten mit dem Mond als Lichtquelle (bzw. Sonnenlichtreflektor) zeigt.
Untenstehend ist eine Simulation mit dem Tool HaloSim von L.Cowley & M.Schroeder. Hierzu wurden nur sechseckige Eissäulen angenommen, deren Länge zweimal der Beite entspricht un die ungleichmässig (Random) in der Luft verteilt sind.
Zum Halo tragen übrigens nur die Kristalle bei, die einigermassen parallel ausgerichtet sind, also in ihrer optimalen Lage mit grösstmöglichem Luftwiderstand gen Boden schweben (sie können natürlich durch nach oben zeigende Luftströmungen auf derselben Höhe gehalten werden). Ist aber die Mehrzahl der Kristalle optimal ausgerichtet, tragen prozentual auch mehr Kristalle zum Halo bei. Hier kommt es dann zusätzlich zu einer Ausbildung eines umschreibenden Bogens, der auch Berührungsbogen benannt wird. Meist ist nur sein oberer Teil sichtbar. Der Berührungsbogen wird je nach Sonnenhöhe verschieden ausgebildet (s. Abbildungen unten). Bei Sonnenhöhen über 30° über dem Horizont kann ein geschlossener Bogen sichtbar werden, der Berührungsbogen wird sich also im unteren Teil wieder mit dem 22° Halo vereinen. Bei den unten gezeigten Simulationen wurde zu den oben verwendeten Eiskristalen noch 25% Plättchen mit einem Länge/Breite Verhältnis von 1:2 beigemischt. Ausserdem wurden die Lage der Eiskristalle auf +/-3 Grad beschränkt.
Nebensonne
Ein weiteres, oft sichtbares Refraktionsphänomen sind die Nebensonnen. Die Nebensonnen erscheinen bei niedrigem Sonnenstand auf dem 22° Halo und befinden sich auf gleicher Höhe über dem Horizont wie die Sonne selbst. Die Nebensonnen, auch Perihelia (im englischen auch Sundogs) genannt, werden durch dünne 6 Eckige Plättchen erzeugt, wie eines im Bild oben unten links abgebildet ist. Der dunkle Strahl zeigt wiederum den, der zu Erzeugung der Nebensonne verantwortlich ist. Da die Plättchen sich ebenfalls so ausrichten, dass ihr Luftwiderstand möglichst gross ist, liegen sie mit ihrem Boden parallel zur Erde in der Luft, genauso wie das in der Abbildung gezeigt wird. Daher sind die Nebensonnen auch nur rechts und Links von der Sonne sichtbar. Allerdings kann bei ihnen die Farbaufspaltung meist viel besser beobachtet werden als dies beim 22° Halo der Fall ist. Je nachdem wie die Kristalle in der Luft verteilt sind, kann es auch nur zur Ausbildung einer Nebensonne kommen.
Ist der Sonnenstand höher bewegen sich die Nebensonne vom 22° Halo weg, sie liegen dann also nicht mehr auf dem Ring. In der Übergangsphase sind die beiden Phänomene zwar noch optische verwachsen, man sieht aber auch schon die deutlich nach aussen verschobene Lage der Nebensonnen (s. dazu das Bild weiter unten des Meiringer Displays).
Bei den Nebensonnen liegen die langen Wellenlängen ebenfalls innen, man sieht also innen die Farbe Rot, dann Grün und dann Blau. Der Effekt, die doppelte Brechung, ist ja auch die gleiche wie beim 22° Halo. Auf dem Foto oben befindet sich die Sonne also rechts von der Nebensonne.
Für die untenstehenden Simulationen wurden ausschliesslich sechseckige Plättchen mit einem Breite/Länge Verhältniss von 1:5 angenommen.
46° Halo
Es gibt noch eine weitere Möglichkeit wie ein Lichtstrahl in das Eiskristall eindringen kann, nämlich durch den Boden und dann zu einem der Seitenflächen wieder hinaus. In der Abbildung oben ist dies an der oberen, rechten liegenden Eissäule gezeigt. Der Strahl tritt auf der sechseckigen Vorderseite ein und tritt auf der rechten Seite wieder aus. Hier ist der Ablenkwinkel 46° und kommt ebenfalls durch eine doppelte Brechung zustande. Dementsprechend nennt man den dabei erzeugten Halo Bogen das 46° Halo. Dieser Halo Effekt ist sehr viel seltener anzutreffen. Schon wegen seiner Grösse ist es einleuchtend, dass man ihn selten als ganzes sehen wird, da eine so homogen ausgebildete Eiswolke über ein so grosses Himmelsareal selten ist.
Für die untenstehenden Simulation wurden ausschliesslich sechseckige Eissäulen mit einem Breite/Länge Verhältniss von 4:5 angenommen.
120° Nebensonne
Eine Kombination aus Brechung und Reflexion kommt bei den 120° Nebensonnen vor. Ein
Strahl tritt
an der Oberseite eines relativ dicken Plättchens ein, wird an einer Innenseite
reflektiert und
tritt dann an der Unterseite des Plättchens wieder aus. Da der Strahlengang eine
Reflexion
beinhaltet die nicht sehr Effektiv ist, sind 120° Nebensonnen viel weniger gut
sichtbar wie
Perihelias, also normale Nebensonnen
Zirkumzenitalbogen
Der Zirkumzenitalbogen kommt ebenfalls durch den gleichen Brechungsweg wie beim 46° Halo zustande, hier sind aber statt Säulen dickere Plättchen am Werk, die waagerecht liegen. Dieses Szenario ist in der ersten Abbildung links oben abgebildet. Der Zirkumzenitalbogen ist sehr selten sichtbar; anscheinend kommen dickere Plättchen selten vor. Die untere Abbildung zeigt gleich mehrer Phänomene gleichzeitig. Fährt man mit der Maus über das Bild, werden die einzelnen Effekte beschriftet.
Spiegelhalos
Horizontalkreis
Das Licht kann nicht nur das Eiskristall durchdringen, es kann auch an dessen Oberfläche reflektiert werden. Dieser Effekt ist für den Horizontalbogen verantwortlich. Das Licht wird an senkrechten Kristalloberflächen gespoiegelt. Da die Kristalle aber um die vertikale Achse zueinander gedreht sein können, wird der eflex nicht nur an einem Ort sondern entlang eines Kreises verursacht, der parallel zum Horizont liegt, i.e. Horizontalkreis. Dieser Kreis geht durch die Nebensonnen, in älteren Angaben wird er darum auch Nebensonnenring genannt. Im untenstehenden Foto ist der Kreis andeutungsweise zu sehen, er schneidet den 22° Halo in der Nebensonne (was aber je nach Sonnenhöhe nicht sein muss, s. oben).
Die untenstehende Simulation zeigt neben dem 22° Halo und den Nebensonnen den Horizontalkreis, der oberen und unteren Berührungsbogen und den Zirkumzenitalbogen. Es wurden 4 verschiedene Kristalle für die Simulation eingesetzt.
Lichtsäulen
Weitaus häufiger sichtbar als der Horizontalbogen sind Lichtsäulen oberhalb und unterhalb der Sonne. Bei ihnen wird das Sonenlicht an der Ober- bzw. Unterseite des Kristalls reflektiert, also an den Flächen die parallel zum Erdboden ausgerichtet sind. Da die Kristalle nicht exakt parallel liegen sondern ein wenig um diese Lage pendeln können sehr viele Kristalle zu diesem Effekt beitragen. Bei der Lichtsäule oberhalb der Sonne werden die Sonnenstrahlen an der Unterseite der Kristalle reflektiert, bei der Lichtsäule unterhalb der Sonne an deren Oberseite.
Bei der untenstehenden Simulation wurden Kristallplättchen mit einem Breite/Länge Verhältnis von 3:1 in zwei LAgen (3 und 8° gekippt) angenommen.
Lichtsäulen können aber nicht nur durch die Sonne erzeugt werden. Auch Lampen, die gen Himmel gerichtet sind oder durch eine spiegelnde (z.B. Wasser) bzw. weisse (z. B. Schnee) Oberflächen nach oben geworfen werden, können Lichtsäulen erzeugen.