bernd margotte photography


Erfahrungen bei der Polarlichtfotografie 2008, Saariselkä

Enleitung

Dieses Jahr fuhren wir Ende Februar nach Saariselkä im finnischen Teil Lapplands. Saariselkä ist ein für nordische Verhältnisse grosser Skiort mit ein paar Abfahrtspisten und über 200km Langlaufloipen. Der Ort liegt ca. 30km südlich von Ivalo auf 68° Nord und 27°Ost 300m über Meeresspiegel.

Polarlicht Häufigkeit

Eine Isochasmenkarte stellt die Orte gleicher Polarlichthäufigkeit, Isochasmen genannt, auf einer Karte dar. Diese Häufigkeiten werden visuell ermittelt und werden über einen langen Zeitraum, i.e. mehrere Jahre gemittelt. Man kann daher nicht einfach die Häufigkeit pro Jahr ablesen und dann erwarten, dass man genau so viele Polarlichtnächte an einem bestimmten Ort pro Jahr beobachtet. Die Häufigkeit schwankt von Jahr zu Jahr stark. So beobachtet man in Mitteleuropa im Schnitt 1-3 Polarlichter (s. Karte unten), in manchen Jahren wird man aber überhaupt keine Lichter entdecken, in anderen dafür um so mehr. Die Polarlichthäufigkeit folgt ja dem Sonnenaktivitätszyklus und dieser unterliegt Schwankungen in einem Rhytmus von 11 Jahren.

Isochasmenkarte
Isochasmen gezeichnet für die Nordhalbkugel nach Fritz, 1873

Nach Isochasmenkarte kann in der Gegend von Saariselkä mit Rund 100 Polarlichtnächten im Jahr gerechnet werden, i.e. in ungefähr jede dritte bis vierte Nacht können Polarlichter beobachtet werden. Zum Vergleich: In Stockholm sind es nach Isochasmenkarte noch 10 Nächte pro Jahr, in Wien noch eine und in Rom eine Nacht alle 10 Jahre. Will man Polarlichter beobachten lohnt sich also ein Blick auf eine solche Karte. Die Karte gibt natürlich nur Mittelwerte wieder die von Jahr zu Jahr und von Jahreszeit zu Jahreszeit schwanken können. Auch die Tageszeit hat einen Einfluss. Ausserdem müssen die Wetterbedingungen stimmen. Wir hatten dieses Jahr grosses Glück: In 5 klaren Nächten konnten wir Polarlichter beobachten. Es wären evtl. sogar noch mehr Nächte mit Beobachtungen möglich gewesen aber erstens kann man bei -20°C nicht die ganze Nacht im freien verbringen und ausserdem muss man auch irgendwann einmal schlafen (das ist natürlich alles realtiv).

Polarlichter Saariselkä Polarlichter Saariselkä
Stark verformte Bänder am östlichen Himmel

Fremdlicht

Das grösste Problem stellte dieses Jahr das Fremdlicht dar. Durch die allgegenwärtige Strassenbeleuchtung wird der Himmel stark aufgehellt. Die schneebedeckten Strassen reflektieren das von den Lampen stammende Licht gen Himmel. Ausserdem werden zum Teil Lampen eingesetzt die fast wie ein Isotropenstrahler ihr Licht in alle Richtungen emittieren und es nicht zum Boden hin b ündeln. Genau vor unserem Häuschen befand sich eine solche Lampe, die zum Glück die erste Woche defekt war aber dann von einem eifrigen Handwerker wieder auf Vordermann gebracht wurde. Mit einer dunklen Decke umwickelten wir die Lampe, was eine extreme Verbesserung der Lichtsituation bewirkte. Die Lampen stören nicht nur bei der freien Beobachtung indem sie die Empfindlichkeit des Auges herabsetzten. Eine vollständige Dunkeladaption ist nicht möglich und durch Blendeffekte wird eine Teiladaption sofort wieder zurückgesetzt. Auch beim Fotografieren sind die Lampen extrem störend da sie Teilbereiche stark überstrahlen. In diesen überbelichteten Flächen können auch durch nachträgliches Bearbeitet keine Strukturen sichtbar gemacht werden. Fotografiert man mit einem Weitwinkelobjektiv von der Lamep weg ist auf jeden Fall eine Sonnenblende zu verwenden, da es ansonsten zu internen Reflexbildungen und Streulicht im Objektiv durch das schräge Einstrahlen der Störlichtquelle kommt.

Man sollte deshalb auf einen dunklen Beobachtungsplatz zur Polarlichtbeobachtung achten. Es lässt sich im Voraus aber kaum feststellen ob die gemietete Hütte in einem dunklen Bezirk steht und ob man von dort gute Beobachtungsbedingungen hat. Und ein Beobachtungsplatz der weit von der Hütte entfernt ist nützt einem auch nicht viel, da die Lichter ja plötzlich auftreten und man schnell parat sein muss. In Lappland ist mir auch aufgefallen das viele Strom und Telefonleitungen überirdisch verlegt werden, also an Telegrafenmasten und Strommasten freihängend den Strassen entlang gezogen werden. Das ist zwar schön für mein Projekt Strommasten, sucht man aber nach einem guten Beobachtungsort mit freier Himmelssicht sind sie dann doch ein wenig lästig. Und wo eine Stromleitung ist wird auch eine Strassenlampe nicht weit sein!

Polarlichter Saariselkä
Künstliche Lichtquellen können extrem störend wirken: Hier wurde die Strassenbeleuchtung rechts mit einer Decke abgedeckt

Beobachtungsort

Wie oben erwähnt ist eine möglichst dunkle Gegend für die Beobachtung der Polarlichter optimal. Ausserdem sollte man eine relativ freie Sicht auf den Horizont haben. Polarlichter treten in einer grossen Vielzahl von Formen auf. Oft sind lange Bänder zu sehen, die sich in Ost-West Richtung erstrecken. Diese Bänder können zum Teil über eine sehr langen Zeitraum (mehrere 10 Minuten) relativ stabil am Himmel leuchten bevor sie verschwinden oder in andere Formen übergehen. Bei unserem diesjährigen Beobachtungsplatz spielte sich zudem viele Aktivitäten in Richtung Norden ab. Ausserdem waren oft sehr grossflächige Erscheinungen sichtbar, die sich über mehr als ¾ des Himmels erstreckten. Die nördliche Himmelshälfte zeigte aber immer die grösseren Aktivitäten. Für diesen Beobachtungsort ist also eine freie sicht gen Norden optimal. Will man ausserdem Fotografieren wäre auch ein ansprechender Vordergrund wünschenswert, in den wärmeren Jahreszeiten z.B. ein See in dem sich die Lichter spiegeln können. Für Orte in hohen Breitengraden werden die Voraussetzungen ähnlich sein, geht man aber noch weiter gen Norden können sich die Polarlichter aber auch an der südlichen Himmelshälfte abspielen. Ausschlaggebens ist übrigens nicht die geografische Breite sondern die Breite relativ zum magnetischen Pol. Der magnetische Nordpol befindet sich zur Zeit in Nordkanada in der Nähe der Insel Ellesmereland, der magnetische Südpol in der Antarktis südlich von Australien.

Da die Polarlichter in einem Band rund um den magnetischen Pol auftreten wird man nicht mehr Polarlichter sehen wenn man über die Maximallinie (s. Grafik der Isochasmen oben) hinaus gen Norden wandert. Auf noch höheren Breiten sieht man die meisten Polarlichter dann ganz einfach im Süden. In Polnähe nimmt die relative Polarlichtaktivität wieder ab; Saariselkä liegt ziemlich optimal.

Polarlichter Saariselkä
Die Polarlichter haben sich auf weite Gebiete der Himmelsphäre ausgedehnt

Polarlichtformen und Farben

In Saarieslkä konnten wir sehr gut die verschiedenen Polarlichtformen beobachteten. Ende Februar die Sonne um ca. 17Uhr unter. Die Dämmerung zieht sich stark in die Länge, da sie in einem sehr flachen Winkel untergeht (im Gegensatz zu Gebieten näher am Äquator, in denen der Sonnenlauf immer steiler gegen den Horizont verläuft). Dementsprechend kann man Polarlichter ca. ab 18Uhr beobachten. In den fünf Beobachtungsnächten konnte man praktisch andauernd leichte Aktivitäten sehen. Sehr oft treten ortstreue Bänder in Ost West Richtung auf, die sich z.T. über einen Zeitraum von 30Minuten praktisch nicht bewegen. Plötzlich beginnen aber Teile des Bandes an zu flimmern und der geradlinige Bogen beginnt sich zu verformen. Dabei entstehen wellenförmige Verformungen. Es bleibt nicht immer bei einem Band, manchmal sind mehrer parallele Bänder in Ost-West Richtung zu sehen. Durch perspektivische Effekte wie bei den zusammenlaufenden Eisenbahnschienen scheinen die Polarlichter auseinander zu laufen. Bei Wolken würde man hier vom Typ 'radiatus' sprechen.

Polarlichter Saariselkä Polarlichter Saariselkä
Links: Parelelle Bänder laufen durch perspektivische Wirkung auseinander, Rechts: Die Bänder werden gestört und beginnen sich stark zu bewegen; leicht rötliche Verfärbung in höheren Lagen

Farblich waren wieder grüne Bänder dominant. Dafür ist eine Emissionslinie des Sauerstoffs bei 557.7nm verantwortlich. Sauerstoff emittiert aber auch rotes Licht bei 630nm, das teilweise auch beobachtet werden konnte. Stickstoffatome würden Emissionen im blauen und violetten Licht aufweisen, wir konnten solche Farben aber nicht eindeutig beobachten. Der visuelle Eindruck, dass rotes Licht in höheren Lagen emittiert wird als grünes deckt sich mit Fachbüchern in denen das Intensitätsmaximum für grünes Licht in Höhen von 120-140km und für rotes Licht in Höhen von 200km angegeben wird. Diese Höhen wurden übrigens schon im Jahre 1790 vom englischen Gelehrten Hernry Cavendish durch Triangulation ermittelt.

Polarlichter Saariselkä Polarlichter Saariselkä Polarlichter Saariselkä Polarlichter Saariselkä Polarlichter Saariselkä
Erstes Bild: Aktivitäten am Nordhimmel , weitere Bilder: Verformte Bänder am Süd-Ost Himmel

Fotografie

Über die Fotografie von Polarlichtern habe ich im Artikel 'Polarlichter fotografieren' schon berichtet und möchte hier nur einige neue Erkenntnisse anfügen. Da bei Temperaturen um -20° Celsius die Kapazität von Batterien durch den steigenden Innenwiderstand abnimmt ist es sinnvoll für längere Sessionen im Freien eine externe Stromversorgung zu verwenden. Wie man sich eine solche einfach und günstig selber bastelt liest man im Artikel 'Externe Stromversorgung für Canon 20D' (es muss natürlicht nicht unbedingt eine 20D sein) nachlesen. Beim Einsatz eines AC-Adapters ist man auf eine Steckdose angewiesen. Ein langes Kabel hilft zwar diese Abhängigkeit ein wenig zu lindern, man ist aber dennoch in der Wahl des Aufnahmeortes eingeschränkt. Deswegen habe ich beim Bau des Adapters auf den alternativen Einstz eines grossen Bleiakkus geachtet. Nun kann man je nach Beobachtungsort den idealen Adapter wählen. Weitere Informationen zu AC/DC Wandlern findet man auch im Bericht 'Zeitraffer Aufnahmen mit der Ricoh GX200'.

CF Karten des Typs Extreme 3 halten die tiefen Temperaturen übrigens problemlos aus. Microdrives hingegen sind für den Einsatz bei tiefen Temperaturen nicht geeignet. Mehr Informationen zum Thema 'Fotografie in der Kälte' findet man im gleichnamigen Artikel.

Polarlichter Saariselkä Polarlichter Saariselkä
Links: Spiralförmige Verformung eines Bandes, Rechts: Mehrere parallele Bänder am Nord-West Himmel

Da Polarlichter lange belichtet werden müssen ist die Frage des Dunkelbildabzuges kritisch. Wird der Dunkelbildabzug direkt nach jeder Aufnahme Kameraintern gemacht verliert man 50% Aufnahmezeit. Bei sich schnell bewegenden Polarlichtern kann das ärgerlich sein weil man die besten Momente verpasst. Meine Standardbelichtung war dieses Jahr 15 Sekunden bei Blende 2.8 und ISO400. Ich habe festgestellt, dass das Rauschen bei meiner Canon 20D bei 400 ISO relativ gering ist (evtl. ist das auf die tiefen Temperaturen zurück zu führen) und man bei einigen Aufnahmen auch auf den Dunkelbildabzug verzichten kann. Ich habe aber bei allen Sessionen mehrere Darkframes gemacht die ich nachträglich mitteln und vom Bild abziehen kann. Dafür eignen sich Programme wie z.B. Regim. Die Polarlichter bewegen sich übrigens so schnell, dass auch 15 Sekunden für viele Effekte zu lange ist. Hier werden neuere Sensoren sicherlich eine Verbesserung bringen und man kann mit höheren ISO Werten kürzere Belichtungszeiten erhalten.

Durch die klaren Nächte und die grosse Häufigkeit der Polarlichter war teilweise der ganze Himmel von Erscheinungen übersäht. Stehende Ost-West Bänder dehnen sich ohnehin über die gesamte halbe Himmelsphäre aus und wenn dann noch Parallelbänder hinzukommen ist ein sehr grosses Sichtfeld von Polarlichtern geprägt. Zum ersten Mal hatte ich den Eindruck dass mein Fish Eye an meinem Reduced Size Sensor (APS-C) ein zu kleines Bildfeld abdeckt und ich die schönen Formen beschneiden musste. Der einzige Ausweg ist ein Full Frame Sensor, der das gesamte Bildfeld des Fish Eye Objektivs ausnützt. Das Fish Eye Objektiv eignet sich übrigens auch wegen seiner relativ hohen Blendenöffnung von 1:2.8 besonders gut für Polarlichtaufnahmen.

Polarlichter Saariselkä
Polarlichter sind manchmal sogar durch dünne Woilkenschichten hindurch sichtbar

Wird der Aufnahmeort von künstlichen Lichtquellen erhellt, wie ich das oben schon erwähnt habe, kommt bei der Fotografie die Problematik des Weissabgleiches hinzu. Der Weissabgleich ist bei Polarlichtern sowieso eine Frage der Ästhetik. Mischt sich aber das Polarlicht mit künstlichen Lichtquellen wird ein Weissabgleich der ein ansprechendes Bildergebnis schafft entsprechend schwierig. Das ist übrigens auch schon der Fall wenn man ein künstlich beleuchtetes Zimmer so aufnimmt, dass auch die Umgebung draussen durchs Fenster mit abgebildet wird. Entweder der Innenraum wird neutral wiedergegeben und die Aussenwelt mit einem Blaustich oder die Aussenwelt ist relativ neutral dafür herrschen im Innenraum Gelbtöne vor. Ein solches Bild ist nur mit höherem Aufwand einigermassen ansprechende zu korrigieren. Dasselbe gilt für Polarlichtaufnahmen bei denen die Umgebung von künstlichen Lichtquellen wie z.B. Strassenbeleuchtung erhellt wird. Kommt noch kühles Mondlicht dazu wird die Situation weiter verkompliziert.

Polarlichter Saariselkä
Polarlichter im Zenit sichtbar


Weitere Informationen

Über meinen ersten Erfahrungen mit der Polarlichtfotografie habe ich im Artikel Polarlichter fotografieren geschrieben. Wer seine Ausrüstung komplettieren möchte sollte sich den Artikel Wann braucht man ein Stativ und worauf muss man achten und Externe Stromversorgung für digitale Spiegelreflexkameras. Bei beiden Artikeln gehe ich auch auf die spezifischen Probleme der Fotografie bei niedrigen Temperaturen ein. Wer seine Bilder mit Geodate versehen möchte findet im Artikel Geotagging eine genaue Anleitung.


Links zum Thema

The Aurora Page
Auf dieser Seite findet man vor allem jede Menge Links Rund um das Thema Polarlichter (Auroras).


Auroras
Einfürung in das Thema mit einem Kurs mit Animationen und vielen guten Grafiken. Ausserdem gibt es eine reichhaltige Linksammulung Rund ums Thema.


Wann braucht man ein Stativ und worauf muss man achten
Ein ausführlicher Bericht über eines der wichtigsten Hilfsmittel der Fotografie: das Stativ


Externe Stromversorgung für digitale Spiegelreflexkameras
Will man bei grosser Kälte über längere Zeit draussen fotografieren, braucht man eine externe Stromversorgung für seine Kamera. In diesem Artikel erfährt man, wie man sich leichte eine Versorgung selber bauen kann, die man dann auch flexibel seinen Bedürfnissen anpasst.


Geotagging
Für alle, die ihre Bilder mit Geodaten vervollständigen wollen ist dieser Bericht geacht.





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