bernd margotte photography


Die Farbe des Lichtes

Einleitung

Ohne Licht gäbe es keine Fotografie. Stellt man eine Kamera in einen absolut dunklen Raum kann man noch so lange belichten, eine noch so empfindliche Kamera benützen, man wird kein Bild erhalten. Das Licht ist eine grundsätzliche Voraussetzung für die Fotografie. Licht hat aber ausser seiner Helligkeit (der Quantität), der wir mit variierenden Empfindlichkeiten (ISO-Einstellung), Belichtungszeiten und Blendenwerten begegnen auch noch qualitative Eigenschaften. Neben der Direktionalität, der ‚Härte' des Lichtes ist eine der wichtigsten Eigenschaften die Farbe bzw. die spektrale Zusammensetzung.

Farbe des Lichtes
Blick aus dem Fenster: Die Himmelsfarben sind durch die starke Bewölkung lokal unterschiedlich , die klare Luft nach dem Regen ermöglicht eine klare Weitsicht

Grundsätzliches

Die Farbe des Lichtes wird in Kelvin gemessen. Der Kelvin Wert gibt dabei an, wie heiss ein schwarzer Körper sein müsste, um Licht dieser bestimmten spektralen Zusammensetzung abzustrahlen. Ein schwarzer Körper ist eine idealisierter Gegenstand, der alle elektromagnetische Strahlung (im Frequenzbereich unseres Auges ‚Licht' genannt) absorbiert und weder Strahlung reflektiert noch durch sich hindurch lässt (Transmission). Aufgrund seiner thermischen Energie, seiner Wärme also, strahlt er aber eine bestimmte Intensität elektromagnetischer Strahlung in einem kontinuierlichen Spektrum ab. Je höher die Energie, desto kleiner die Wellenlänge der abgestrahlten elektromagnetischen Strahlung. Mit dem Wienschen Verschiebungssatz (nach Wilhelm Wien) kann man aus der Temperatur des schwarzen Körpers die Wellenlänge berechnen, bei der die höchste Strahlungsintensität auftritt. Der Wiensche Verschiebungssatz lautet:


λmax = 2897,8 µm K / T

wobei λmax die Wellenlänge des Lichtes mit maximaler Strahlintensität und T die Temperatur des schwarzen Strahlers ist. Setzt man hier die Tageslichttemperatur von 5500Kelvin ein erhält man 527nm. Das ist in ungefähr die Wellenlänge, bei der unser Auge am empfindlichsten ist. Eine Glühbirne mit 2200K hat ihr Strahlungsmaximum bei 1317nm, also weit oberhalb des sichtbaren Bereiches (380-780nm) im Infraroten. Deswegen sind Glühlampen bzgl. ihrer sichtbaren Helligkeit so ineffizient. Uns erscheint das Licht einer Glühbirne gelblich, also ein warmes Licht (obwohl die Temperatur kleiner ist als die des Tageslichtes). Die Tageslichttemperatur von 5500K besagt, dass die Sonne ähnlich einem schwarzer Körper mit 5500 Kelvin ihre Energie abstrahlt. Das ist allerdings nur eine Annäherung da die Sonne keineswegs ideal schwarz ist und auch kein kontinuierliches Spektrum besitzt (Frauenhofer Linien). In der Fotografie können wir mit dieser Annäherung aber gut leben. Unten ist der Zusammenhang zwischen maximaler Strahlungsintensität und der Temperatur des schwarzen Strahlers nach dem Wienschen Verschiebungssatz im sichtbaren Bereich dargestellt. Daraus lässt sich gut erkennen, dass Strahler um 5000K wie die Sonne ihr Maximum bei der maximalen Empfindlichkeit unseres Auges im grünen Bereich haben. Ebenfalls kann man ablesen, dass Strahler unterhalb von 3500K wie Glühbirnen oder Kerzen Ihr Maximum nicht mehr im sichtbaren Bereich haben.

Lambda Max
Die maximale Strahlungsintensität in Abhängigkeit von der Temperatur des schwarzen Strahlers

Untenstehend habe ich für ein paar Typische Lichtquellen die jeweilige Temperatur in Kelvin sowie die Wellenlänge mit der maximalen Strahlungsleistung angegeben, darauf folgt auch noch eine grafische Darstellung der spektralen Emission. Wie man sieht ist die Farbtemperatur z.B. einer Glühlampe von der Leistung abhängig. Je grösser die Leistung desto mehr nimmt die Wellenlänge ab, das Licht wir also kurzwelliger und damit weisser, weil es sich immer mehr der Tageslichttemperatur von 5500 annähernd, aber auch bei 200W mit 3000Kelvin noch weit davon entfernt ist.


Lichtquelle Farbtemperatur λmax
Kerze 1500 K 1932 nm
Glühlampe, 40W 2200 K 1317 nm
Glühlampe, 60W 2680 K 1081 nm
Glühlampe, 100W 2800 K 1035 nm
Glühlampe, 200W 3000 K 966 nm
Halogenlampe 3000 K 966 nm
Blitzgerät 5500 K 527 nm
Bedeckter Himmel 6500 K 446 nm
Nebel, starker Dunst 8000 K 362 nm
Schatten 7500 K 386 nm


Planksches Strahlungsspektrum
das planksche Strahlungsspektrum
Farbe des Lichtes
Gegenlicht und Dunst vergrössert die Tiefenwirkung: Die Gebäude im Hintergrund wirken fern und blass

Die Farbtemperatur des Lichtes während des Tages

Die Farbe des Lichtes ändert sich im Laufe des Tages. Das ist uns allen bewusst wenn wir zum Beispiel einen Sonnenauf- oder untergang beobachten und die rötlichen Farbtöne bewundern. Doch auch während des Tages wechselt die Farbe des Lichtes. So hat das Wetter einen massgeblichen Einfluss. Bei bewölktem Himmel ist das Licht blasser (bläulicher), da die Strahlen der Sonne von der Wolkenschicht gestreut werden. Dieser Streuprozess ist wellenlängenabhängig. Strahlen mit kürzerer Wellenlänge werden stärker gestreut als solche mit längerer Wellenlänge. Diese wellenlängenabhängige Streuung führt übrigens auch zur blauen Himmelsfarbe. Bei bewölktem Himmel werden die langwelligen Spektralteile ebenfalls gefiltert, das Licht ist kälter. Den Farbwechsel korrigieren digitale Kameras mittels Weissabgleich aus. Stellt man den Weissabgleich manuell ein, wird einem das Verschieben der Farbanteile bewusst. Ist der Weissabgleich auf automatisch gestellt, sollte die Kamera einen Farbwert von 5500 ermitteln, bei bewölktem Himmel ca. 6500 Kelvin, also ca. 1000 Grad höher. Je höher die Zahl, desto kälter und blauer die Farben, wie oben besprochen.

Farbe des Lichtes Farbe des Lichtes Farbe des Lichtes Farbe des Lichtes Farbe des Lichtes Farbe des Lichtes Farbe des Lichtes Farbe des Lichtes
Von Links nach Rechts, von Oben nach Unten: 1) Tag1: 7.20Uhr, 2) Tag1: 8.05Uhr, 3) Tag1: 18.06Uhr, 4) Tag1: 19.08Uhr, 5) Tag1: 19.29Uhr, 6) Tag2: 7.39Uhr, 7) Tag3: 20.18Uhr, 8) Tag4: 7.09Uhr

Die Atmosphäre als Farbfilter

Das Wetter und die Atmosphäre können also ändernde Lichtfarben hervorrufen. Blickt man auf einem Berg stehend durch eine ausgedehnte Dunstschicht, wirken weit entfernte Landschaften blauer als nahe. Es kommt also auch auf den Weg des Lichtes durch die Atmosphäre an. Deswegen ist ja auch nur der Sonnenuntergang rot und nicht auch das Licht während des ganzen Tages. Nur am Abend und am Morgen muss das Licht der Sonne einen langen Weg durch unsere Atmosphäre hinter sich legen bevor wir es mit unseren Augen empfangen. Das ‚gute' Licht für die Fotografie ist also streng genommen nicht von der Tageszeit abhängig sondern vom Winkel der Sonne über dem Horizont und der Beschaffenheit der Atmosphäre. Im hohen Norden geht die Sonne in einem viel flacherem Winkel auf als am Äquator, die Zeit in der das Licht der Sonne einen weiten Weg durch die Atmosphäre zurücklegt ist dementsprechend länger. Man kann also nicht sagen, das Licht sei optimal zum fotografieren von 8-10Uhr morgens und 5-8Uhr abends oder 2 Stunden nach Sonnenaufgang und 2 Stunden vor Sonnenuntergang, man sollte auch die geografische Breite berücksichtigen und die Jahreszeit. Ausserdem hat, wie oben erwähnt, der Zustand der Atmosphäre einen erheblichen Einfluss. Ist die Luft relativ klar und rein, wird das Licht weniger gestreut als bei Dunst und Smog. Bewohner von Grossstädten können sich also immerhin darüber freuen, dass das Licht generell weicher und wärmer (bzgl. der Farbtemperatur) ist als auf dem Lande (ein kleiner Trost).

Farbe des Lichtes Farbe des Lichtes Farbe des Lichtes Farbe des Lichtes Farbe des Lichtes
Von Links nach Rechts, von Oben nach Unten: 1) Tag1: 8.05Uhr, 2) Tag2: 7.38Uhr, 3) Tag2: 8.39Uhr, 4) Tag2: 20.18Uhr, 5) Tag3: 7.07Uhr

Räumlich variable Farben des Lichtes

Die Farbe des Lichtes ist also auch räumlich gesehen nicht überall gleich. Blickt man von einem sonnenbestrahlten Ort über die Landschaft über der sich Schönwetterkumuli befinden, ist unter diesen Wolken eine höhere Farbtemperatur (also kälteres Licht) anzutreffen als am Beobachtungsort. Die Kamera wird sich bei automatischem Weissabgleich auf irgendeinen Mittelwert einstellen. Unser Auge macht übrigens genau dasselbe. Dauernd wird der ‚Weissabgleich' angepasst. Deswegen fallen einem bei bewölktem Himmel die kühleren Farben nicht so stark auf. Sitzt man z.B. in einem künstlich beleuchteten Zimmer (Glühbirne, Wolfram) und schaut am Abend nach draussen, kommt einem die Landschaft blaustichig vor. Der späte Fussgänger wundert sich über die gelben Lichter die aus den Häusern leuchten. Beide Beobachter haben einen anderen ‚Weissabgleich'. Gerade dieses Verhalten unseres Auges macht es sehr schwierig ein Foto optimal wiederzugeben, wobei schon die Frage auftritt was optimal überhaupt zu bedeuten hat. Will man eine möglichst natürliche Darstellung der Farben erreichen, muss man den Weissabgleich so einstellen dass er einigermassen mit dem unseres Auges übereinstimmt. Macht man ein Foto aus dem mit Glühbirnenlicht erhellten Wohnzimmer auf die abendliche Landschaft und hat dabei so auch Gegenstände im Visier die von der Glühbirne beleuchtet werden, wird der optimale Weissabgleich praktisch unmöglich, da der Fussgänger draussen die Szene ganz anders sieht (wie oben beschrieben). Man stellt den Weissabgleich also so ein, wie man es selbst erlebt hat. Erschwerend kommt hinzu, dass das Auge sich schnell adaptiert und das Hirn entsprechende Lokalkorrekturen vornehmen kann, indem die Farbe gewisser Gegenstände kennt und dementsprechend die Wahrnehmung anders ist. Auf dem Foto wird einem also die Landschaft draussen viel blauer vorkommen als man das erlebt hat (angenommen der Weissabgleich war auf Glühbirnenlicht, ca. 2800 Kelvin eingestellt).

Farbe des Lichtes
Genua Airport: Tag1: 7.10Uhr

Das Experiment

Interessant sind auf jeden Fall Experimente, bei denen eine Landschaft zu verschiedenen Tageszeiten und bei verschiedenen Witterungsbedingungen und damit auch bei verschiedenen Zuständen der Atmosphäre aufgenommen wird. Kürzlich verbrachte ich mehrere Nächte in einem Hotel in Genua im 10Stock. Diese Höhe erlaubte eine gute Sicht in die Ferne, sowohl in Richtung Stadt als auch in Richtung offenes Meer. Ein nahes Industriegebiet bildete die Szenerie. Die Süd-Ost Ausrichtung meines Zimmers erlaubte Gegenlichtaufnahmen am Morgen und Mitlichtaufnahmen am Abend, das Meer beobachtete ich gen Süden, die Industrieanlagen gen Osten. Die schnell wechselnden Wetterverhältnisse mit Gewittern und Regenschauern die sich mit Sonnenschein abwechselten bildeten eine optimale Basis für ein paar Aufnahmen zum Thema Farbe des Lichtes.

Die Aufnahmen wurden alle vom gleichen Ort aus gemacht. Der jeweils von der Kamera ermittelte Weissabgleich wurde bei der Bearbeitung beibehalten und alle anderen Korrekturen bei Fotos der gleichen Serie in etwa in gleichem Masse durchgeführt.



Update 5.2008

Die Wiedergabe der Farbe im Foto

Der obige Artikel beschäftigt sich mit den verschiedenen Farben des Lichtes. Wie der Fotograf diese Farben wiedergeben möchte ist ein anderes Thema. Der Fotograf selbst hat zu entscheiden ob er eher nach einer realistischen Darstellung strebt oder ob er die Farben so abändern will damit seine Bildaussage verstärkt wird. Im ersteren Fall möchte man die Farben so wiedergeben wie man sie gesehen hat. Was heisst das? Wie oben erklärt ist das gesehene vom jeweiligen Weissabgleich des Auges abhängig. Stand der Beobachter im Schatten, ist der Weissabgleich blauer, die Farben erscheinen relativ wärmer. Steht der Beobachter in der Sonne, ist der Weissabgleich roter, die Farben erscheinen kühler. Um dies zu verdeutlichen nochmals das Beispiel von oben. Sitzt der Beobachter im Zimmer am Abend und liest eine Zeitung, die von einer herkömmlichen Glühlampe beleuchtet wird, wird sein Auge einen Weissabgleich auf das Lampenlicht vornehmen. Blickt er nun aus dem Fenster auf die Landschaft im Licht der Dämmerung nach Sonnenuntergang, wird er einen blauen Eindruck der Landschaft erhalten, die Landschaft wird von einem relativ kälteren Licht beleuchtet als das Licht, auf das sein Auge den Weissabgleich gemacht hat (das ein wärmeres Spektrum und eine tiefere Kelvin-Tempertur hat). Der Spaziergänger draussen beobachtet genau das Gegenteil, da sein Auge einen Weissabgleich auf das bäuliche Dämmerungslicht gemacht hat. Es kommt also auf den Standort des Beobachter an, wie er eine Szene wahrnimmt und diese dann später wiedergibt. Beim bearbeiten des Fotos am Computer wird er sich an die Situation erinnern und das Foto so abstimmen wie er es in Erinnerung hat. Dies nenne ich ´realistische´ Darstellung. Eine vollkommen realistische Darstellung wird ihm natürlich nicht gelingen, da das Auge Dinge anders sieht wie ein Fotoapparat. Einer dieser Unterschiede ist z.B. die Fähigkeit des Auges lokal einen anderen Farbabgleich durchzuführen, z.B. weil man aus Erfahrung weiss, dass das weisse Auto vor dem Fenster weiss und nicht blau ist. Auf dem Foto wird es aber blau sein wenn man einen Weissabgleich auf die Glühlampe durchgeführt hat. Mehr Unterschiede zwischen Auge und Fotoapparat werden sehr schön in den Büchern von Andreas Feininger geschildert. Ist dem Fotografen aber völlig egal wie es bei der Aufnahme ausgesehen hat und möchte er die Farben so beeinflussen damit das Foto in seiner Aussage verstärkt wird entfernt er sich von der ´realistischen´ Darstellung. Er entscheidet also, wie er die Farben wiedergeben möchte: Das kann man ´künstlerische Freiheit´ nennen.




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